Haus des Friedens
Performance – Temporäre Installation
Rathausplatz, Augsburg | 2025
Das „Haus des Friedens“ ist der Bau eines alle Bereiche der Augsburger Gesellschaft integrierenden und sämtliche Öffentlichkeiten befruchtenden wie bereichernden monumentalen Friedensgebäudes für alle in Augsburg ansässigen Menschen aus faltbaren und temporär haltbaren „Pappsteinen“ auf dem Augsburger Rathausplatz. Im vorbildlichen Miteinander wird ein den weltweit notwendigen Friedensdialog abbildendes Denkmal gebaut, das als temporäres Dach der eigenen Friedensbemühungen alle gesellschaftlichen Sparten, separierte Blasen und Parallelgesellschaften zusammenführend skulptural beheimatet. Falte, gestalte und Baue mit!
Ab dem 15. März könnt Ihr die kinderleicht faltbaren und zu bemalenden vorgestanzten Pappelemente im Friedensbüro der Stadt, Bahnhofstr. 18 1/3a (Hinterhof) in 86150 Augsburg abholen, um sie mit einem persönlichen Friedensbericht oder einer gemalten oder gezeichneten Friedensaktion zurückzubringen oder die „Steine“ ab dem 01. Mai 2025 auf dem Rathausplatz mit zu vermauern. Stein um Stein wird „das Haus des Friedens“ von Euch gebaut, Bild für Bild werden Eure Friedensbemühungen im Innern des Hauses ausgestellt, Schritt für Schritt gehen wir gemeinsam in den Frieden.
Am Ende der Bauphase wird mit dem letzten Stein das ephemere Denkmal des Friedens am 8. Mai 2025, 80 Jahre nach der Beendigung des 2. Weltkrieges, verschlossen, versiegelt und die Ausstellung der gemeinschaftlich geschaffenen Bauskulptur mit seinem verbarrikadiertem Inhalt „eröffnet“ und der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die im Inneren an den Wänden des Gebäudes in der Bauphase zuvor ausgestellten „Schätze der privaten Augsburger Friedensbemühungen“ ist nur in der Bauphase der Öffentlichkeit zugänglich und verbleibt nach Fertigstellung und Eröffnung hinter dem Bollwerk verborgen: Das Ideal des Friedens scheint demnach ein unbetretbarer Ort zu sein, der nur auf Kosten von Zerstörung des höchst fragilen Gebäudes zu betreten ist? Wer wissen will, wie die Ausstellung im Inneren aussieht, muss sich mit Gewalt Zutritt verschaffen. Wer wagt den ersten Schritt, um zu sehen, was sich im Innern befindet? …
B A U T A G E B L O G G – 1. Akt Vorbereitung „Haus des Friedens“
19.03.2025
Pressekonferenz um 11 Uhr im Augustanasaal. Vorstellung des Programmhefts „FRIEDEN RISKIEREN“.
08.04.2025
Ab heute können die „Pappsteine“ in der Bürgerinfo der Stadt Augsburg am Rathausplatz abgeholt werden. Hier findest Du eine Anleitung zur Faltung der „Pappsteine“. anleitung-haus-des-friedens. Viel Freude beim Falten und Gestalten:)
12.04.2025
Der Bau am „Haus des Friedens“ startet!
Sie sind Lehrkraft und planen mit ihrer Klasse am Bauprojekt teilhaben? Ihr wollt mit euren Kolleginnen und Kollegen zum gemeinsamen Teambuilding vorbeikommen? Als ehrenamtlich Engagierte möchtet ihr mit eurem Verein oder Zusammenschluss aktiv am Projekt mitwirken? Dann meldet euch gerne über dieses Formular an und sichert euch einen Zeitslot*, um gemeinsam am Frieden zu „bauen“.
Zum Ablauf: Die Bauphase ist vom 8. bis 18. Mai. Der Künstler Frank Bölter wird in dieser Zeit täglich von 10 bis 17 Uhr auf dem Rathausplatz in Augsburg sein und euch entsprechend einweisen. Ihr könnt euch jeweils für einen oder mehrere Termine à 45 Minuten anmelden.
Stein um Stein wird das Haus aufgebaut, Bild für Bild werden die Pappsteine gestaltet, Schritt für Schritt entstehen Austausch, Dialog und Zusammenhalt.
Wir freuen uns auf euch!
*Die Einteilung in Slots dient dabei der besseren Koordination größerer Gruppen. Wenn ihr alleine oder in Kleingruppen auf dem Rathausplatz vorbeischauen und Hand anlegen möchtet, braucht es keine Terminbuchung. Kommt einfach vorbei!
https://doodle.com/sign-up-sheet/participate/1af6adbb-5dd4-490b-90eb-bc8c66625b25/select
TAG 1: 12 60
09.30 Uhr Ich setze einen Erdanker in die Mitte des Ying-Yang Zeichens im Zentrum des Rathausplatzes, messe die notwendigen 12 Meter 50 mit dem Maßband aus, um dann mit einem Seil, an dessen Ende ein Straßenkreidestift befestigt ist, einen Kreis im Durchmesser von 12 Metern 50 auf den Platz zu zeichnen. Als ich gerade anfange, fällt Theresa Werner auf, das die Bestuhlung der Cafés und Restaurants auf dem Rathausplatz in das Pappgebäude hineinragen werde. Ich schlage vor, die in das „Haus des Friedens“ hineinreichenden Tische und Stühle als willkommene Sitzgelegenheit einfach die Gastronomie integrierend mit einzubauen. Theresa Werner meint: „So kann das Haus des Friedens allerdings nicht richtig rund werden und beschneidet außerdem die lokale Gastronomie, der Künstler sagt: „So geht das nicht!“, meint aber, man müsse sich schon entscheiden, ob man sich die kosmischen Kräfte des Zufalls zu nutze macht oder diese ignoriert. Ersteres wäre klug, letzteres zumeist eine vertane Chance, die höheren Mächte mit einzubeziehen. Kurator Eric Nikodym findet: „Mir doch egal“. Als ich von einem bärtigen Herrn mit selbstbestricktem und selbstbeklebtem Mottopullover gefragt werde, was ich „do mach“, erkläre ich kurz die Absicht, ein „Haus des Friedens“ zu bauen. Wir sprechen lang über sein zur Schau getragenes Motto „Million, Ernährung, Milliarde, Baustelle“, das sich mir bis jetzt nicht erschließt. Aber vielleicht kann der Leser dieses Baustellenblogs mir ja auf die Sprünge helfen… Darüberhinaus behauptet der freundliche bärtige Herr, der König von Augsburg zu sein.
Als ich wieder ansetze, den Kreis zu ziehen, legen Aric und Bernd bereits die OSB-Platten aus und verschrauben diese mit Metrallbändern. Kurator Eric Nikodym nimmt nochmal Maß, und stellt fest, das der Radius des Kreises 12 Meter 60 anstatt der beim Ordnungsamt beantragten 12 Metern 50 beträgt und meint, das etwas zu laut allen die Szene beobachtenden Menschen mit den Worten: „12 60“ mitteilen zu müssen. Das sollte sich im Folgenden ein paar Mal wiederholen. Inzwischen rufen schon die die Szene immer noch beobachtenden Leute beim weiteren Ausmessen jedesmal: „12 60“. Theresa Werner meint jeweils: „So kann das Haus des Friedens allerdings noch weniger rund werden und beschneidet außerdem die freie Sicht zwischen Brunnen und Weltkulturerbeinstitution, der Künstler sagt: „So geht das nicht!“, meint aber, man müsse sich schon entscheiden, ob man sich die kosmischen Kräfte des Zufalls zu nutze macht oder diese ignoriert. Ersteres wäre klug, letzteres zumeist eine vertane Chance, die höheren Mächte mit einzubeziehen. Kurator Eric Nikodym findet: „Mir doch egal“. Als ich von einem bärtigen Herrn mit selbstbestricktem und selbst…
Im Laufe des Vormittags fällt auf, dass sich das Ying-Yang nicht mehr in Zentrum des „Haus des Friedens“-Gebäudes befindet und damit die Bestuhlung nicht, wie vom Künstler geplant, in das Haus des Friedens integriert wird. Theresa Werner meint: „So kann das Haus des Friedens vielleicht doch noch rund werden, beschneidet aber diese komischen Gesetze, der Künstler sagt: „So geht das nicht!“, meint aber, müsse sich schon entscheiden, ob man sich die kosmischen Kräfte des Zufalls zu nutze macht oder diese ignoriert. Ersteres wäre klug, letzteres zumeist eine vertane Chance. Kurator Eric Nikodym findet: „Mir doch egal“. Als wir am Ende des Tages das Fundament nochmals ausmessen, landen wir bei einem Durchmesser von 25,6 Metern. „25 60“ skandieren daraufhin die die Szene noch immer beobachtenden Leute. „So geht das nicht!“, meint der Künstler, Theresa Werner meint, man müsse sich die kosmischen Kräfte des Zufalls schon zu nutze machen. Ersteres wäre klug, letzteres zumeist eine vertane Chance, die höheren Mächte mit einzubeziehen. Sie sagt dann aber: „So geht das nicht!“. Kurator Eric Nikodym meint: „Mir doch egal!“ Als ich von einem bärtigen Herrn mit selbstbestricktem und selbst…
TAG 2: „Frieden kann man nicht konsumieren“
08.30 Uhr Ich bin viel zu früh auf der Baustelle. Angeblich hätten wir heute viel zu tun, so die gestrige Ansage. Noch angeblicher habe sich lokale wie überregionale Polit- und sonstige Prominenz angemeldet. Am Angeblichsten hätten wir uns gestern auf 9 Uhr 30 statt auf 8 Uhr 30 geeinigt. Wie auch immer, der König von Augsburg ist, wie immer, der erste auf der Baustelle. Also wird mit seiner Erlaubnis schnell das Fundament auf dem bedeutendsten Platz der Augsburger Innenstadt repariert und das Baustellenequipment eingerichtet, als Arik, Bernd und Theresa kommen.
11 Uhr Anne Garthe kommt mit Ihrem Team zur Baustelle. Ohne die Schule in der Werkstatt im Kinderzentrum Oberhausen hätte das Projekt in der Vorbereitung kaum ein solche Verbreitung finden können. Ich freue mich entsprechend, sie zu sehen und lade die Truppe ein, doch bitte an meiner statt den Segensspruch bei der heutigen Grundsteinlegung zu sprechen, was sie dankend ablehnen. Olga bringt sogar Ihre Schülerin Celina mit, die bringt sogar ihren Hund mit, der hat sogar einen Stein bemalt und mitgebracht. Vielleicht war es auch ganz anders, aber im Strudel der heutigen Ereignisse gerät so manches durcheinander. Jedenfalls unterbricht mich Ruth, als die vielen Worte meiner Ausführungen die Umstände dieses Projekts entsprechend ins Uferlose abdriften und ins viel zu Ausführliche abgleiten, mit dem Satz, der mich noch den gesamten Tag begleiten sollte: „Frieden kann man nicht konsumieren!“ Wie ein Donnerschlag schallen ihre machtvollen Worte von der Rathaus- auf die gegenüber liegende Gastronomieseite, um als Echo wieder zur Rathausseite zurück zu prallen, bevor sie erneut zur Gastroseite zurück echoen, damit alle Passanten von diesen ungerührt einen Moment lang inne halten, zu Ruth hinüber sehen, wie um zu schauen, wer um alles in der Welt zu solchen Worten in der Lage ist, um sich nach dieser kurzer Starre doch wieder in Bewegung zu setzen. Dennoch bewegen sich plötzlich alle auf dem Platz versammelten Menschen behutsamer und bewußter, als hätten Ruths Worte etwas in Ihnen etwas ausgelöst, das die Welt nachhaltig verändern sollte. Zum Glück hatten wir das Mikro noch nicht angeschaltet, bevor die gesamte Stadt noch einen Bewusstseinsprung macht. Nur wohin…? Wer weiß, wozu diese Frau noch alles fähig wäre, wenn diese 5 Worte schon eine solche Wirkung erzeugen. Zum Glück hat sie nicht noch mehr gesagt. Ich verspreche, sie bei der nächsten Gelegenheit zu zitieren. Die kommt bald, sehr bald, zu bald, quasi umgehend, als nach den freundlichen Begrüßungsworten von der Oberbürgermeisterin Augsburgs, Eva Weber, der künstlerische Leiter des Friedensfestes, Eric Nikodym, nach ebenso freundlichen Einführungsworten in das partizipative Projekt das Mikrofon an den leicht überfordert wirkenden Künstler weiterreicht, der immer noch damit beschäftigt ist, die vernommenen Worte von Ruth zu verdauen und dabei versucht, noch ebensoere freundliche Worte über Sinn und Unsinn dieses Projektes zu finden. Mit dem Zitieren von Ruths Worten gelingt das dann doch ganz passabel, nur das diese machtlosen Worte weder wie ein Donnerschlag von der Rathaus- auf die gegenüber liegende Gastronomieseite schallen, um als Echo wieder zur Rathausseite zurück zu prallen, bevor sie erneut zur Gastroseite zurück echoen, damit alle Passanten von diesen ungerührt einen Moment lang inne halten, zu mir sehen, wie um zu schauen, wer um nichts in der Welt zu solchen Worten in der Lage ist, um sich nach dieser kurzer Starre doch wieder in Bewegung zu setzen. Noch bewegt sich plötzlich irgendjemand der auf dem Platz versammelten Menschen behutsamer und bewußter, als hätten meine Worte etwas in Ihnen etwas ausgelöst, das die Welt nachhaltig verändern sollte. Zum Glück fällt gerade das Mikro aus, bevor die gesamte Stadt doch keinen Bewusstseinsprung macht. Wohin auch…?
So die ersten nachhaltigen Eindrücke des am heutigen Abend völlig übermüdeten Autors dieses Bautagebuchs nach einem langen Tag voller brisanter Gespräche über die Situation in Stadt, Land und Gesellschaft, die bei anderer Gelegenheit wieder gegeben werden müssen. Ich muss ins Bett, den Rest des Tages müssen die Fotos erzählen. Achja, eine Sache noch, am Nachmittag entsteht etwas überraschend unter dem Pavillon in arbeitsamer Stille im dynamischen Silentium innerhalb einer Gruppe Jungs in einem Alter, in dem einen ganz andere Dinge beschäftigen, als Pappkartons zu falten und mit Botschaften zu versehen, eine Atmosphäre der ernsthaften und tiefen Beschäftigung mit persönlichen Friedensbotschaften, dem Frieden im Allgemeinen und der eigenen Position dazu, die viele des Teams verwundernd tief beeindrucken. Immer noch in sich versunken übergeben Sie ihre Faltsteine an die Gruppe, die ihre Steine vermauern soll. Vielleicht unterschätzen wir einfach viele Jugendliche bzgl. ihres Tiefgangs, ihrer Empfindsamkeit und ihrer Fähigkeit zur Hingabe, wenn wir ihnen endlich Aufmerksamkeit schenken und nur eine Stimme geben…
TAG 3: Warummädchen oder wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Pappstein
9 Uhr Wir eröffnen die Baustelle um 9 Uhr, als schon die ersten Schüler warten, um ihre Steine abzugeben. Sie lassen sich aber zu einem kleinen Stadtbummel vorab überreden, um danach ihre mitgebrachten, gefalteten und gestalteten Steine unter Anleitung selbst zu verbauen. Anschließend darf ich, wie jeden Morgen, den König von Augsburg, Gerhard Hermanutz, begrüßen – heute betritt er die Bühne, die die Welt des Friedens bedeutet, mit vergleichsweise recht dezenten Insignien seinen Status betreffend, die Baustelle. Ich frage seine Durchlaucht nach seinem werten Befinden: „Wie geht’s heut?“
KA (König von Augsburg): „Gut!“
FB (Frank Bölter): „Was macht das Volk?“
KA: „Naja, es dümpelt“.
FB: „Es dümpelt?“
KA: „Freilich“
FB: „Sind’s nicht zufrieden mit Ihrem Volk?“
KA: „Dochdoch, es entwickelt sich schon in die richtige Richtung. Aber es dauert.“
FB: „Eher nach Westen oder eher nach Osten?“
KA: „Weder noch, eher in die Akzeptanz seines wahren Herrschers?“
FB: „Der da wäre?“
KA: I!
FB: „Ach so. Und ich dachte schon, Sie denken da an den brandneuen Papst!“
KA: „Na, das ändert nix.“
FB: „Was würden Sie ändern, wenn Sie endlich an der Macht wären?“
KA: „I würd mehr Pappsteinprojekte machen lassen.“
FB: „Bitte entschuldigen Sie, Majestät. Das würde ich an Ihrer Stelle nicht machen, ich weiss aus allererster Hand, es ist zu anstrengend.“
KA: „Trotzdem. Das sieht, dass die Leute miteinander ins Gespräch kommen aus diesem Anlass. Es wird ja über vieles geredet hier beim Pappsteinefalten.“
FB: „zum Beispiel?“
KA: „Wer ist verantwortlich für die gesellschaftspolitische Krise?“
FB: „Sie vermutlich!“
KA: „Auch. Denn wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Pappstein!“
10.27 Uhr An der Mauer wird hitzig über politische Systeme und Auswirkungen auf Lebensgefühl und -qualität diskutiert. Wir sprechen über innere Widersprüche der bekannten Gesellschaftsmodelle und finden weder den Ausgang aus ihnen, noch aus diesem Gespräch. Immerhin scheint die allgemeine Unzufriedenheit inzwischen so groß, dass langsam etwas passieren müsse, finden die männlichen und entsprechen willensstarken Diskutanten doch noch einen Konsens.Ich schlage vor, diesen Konsens zu begießen, leider sind Flüssigkeiten an der Pappmauer verboten, behauptet die 7-jährige Eileen, die offenbar der erwachsenen Diskussion verfolgt zu haben scheint.
11.38 Uhr Ich werde plötzlich von hinten mit der Frage überfallen: „Von welcher Partei sans denn?“.
Ich entgegne, dass es sich hier um ein über- wie unterparteiliches Projekt handeln würde, wo von unten nach oben im praktischen Dialog über den Frieden in vereinter Absicht vieler Menschen über den Frieden nachgesponnen wird. Manche berichten von eigenen Friedensabsichten, überwiegend sind politische Parolen und Allgemeinplätze ins Bild gebracht. Aber hier und da wird Feinsinnigeres ins Bild oder ins Wort gesetzt. Nach einer Gedankepause, das Gehörte verarbeitend, lässt der Herr mittleren Alters nicht locker; „Aber Sie müssen doch von einem bestimmten Lager beauftragt worden sein“, mutmasst der sich immer noch hinter mir befindliche Mann, der mir stoisch beim Pappsteinmauern zuschaut. „Ich würde das Selbstbeauftragte Handeln dem Fremdbeauftragten vorziehen“, gebe ich zu verstehen, als der Mann abermals eine Gedankenpause verstreichend ansetzt: „Aber wer bezahlt Sie denn für dieses Projekt?“ „Das Friedensbüro hier in Augsburg“, gebe ich zurück. „Und wer bezahlt das Friedensbüro?“ will der unnachgiebige und wissbegierige Mann endlich wissen. „Die Stadt Augsburg“, antworte ich jetzt zu ihm gewandt. „Aha!“, entfährt es dem Herrn plötzlich als wäre er endlich der Wahrheit hinter dem vordergründigen Erscheinungsbild auf der Spur. „Allerdings hat man mich bis jetzt noch nicht bezahlt!“, fällt mir abschließend ein und auf. „Also ist es auch nur ein Scheindemokratisches Projekt, da wir in einer Scheindemokratie leben und das Projekt würde von einer scheindemokratischen Institution finanziert. Sie sind also ein Scheindemokrat, mehr nicht!“ So hätte ich mich noch gar nicht betrachtet, gebe ich zu Verstehen. Ich werde heute mal etwas genauer in den Spiegel schauen. „Spieglein Spiegeln an der Wand, wer ist der Scheindemokratischste im Ganzen Land?“, versucht der Mann plötzlich einen Witz. Etwas irritiert erfreue ich mich über dessen Leichtigkeit, mit der er diesen ernsthaften Diskurs aufzulösen gewillt scheint. Schmunzelnd und dankbar für die Denkanstässe verabschieden wir uns auf ein weiteres Treffen am Haus des Friedens, dass nun langsam aber stetig wächst.
12.03 Uhr Die Gruppe 11-Klässler verabschiedet sich, nachdem sie ihre Steine vermauert haben. Als ich mich für ihren Beitrag bei Ihnen bedanke fragt Marscha: „Warum machen Sie das eigentlich?“ Um Zeit für eine Antwort zu gewinnen, versuche ich eine Gegenfrage: „Was ist die wichtigste Frage auf der Welt?“ „Wie geht’s?“ fällt Abdul ein. „Genau“, beglückwünsche ich ihn: „Und die zweitwichtigste lautet ‚warum?‘ Ich beglückwünsche Marscha zu Ihrer Neugierde, um noch mehr Zeit zu gewinnen, nachdem der erste Versuch fehlschlug. Irgendwann fällt mir etwas zwischen basisdemokratischem Aktivismus, alles Selbermachen auch Politik, die großen Probleme auf der Welt liessen sich nur in Gemeinschaft lösen und vor der eignen Haustür kehren, ein. „Wohnen Sie hier in Augsburg?“ will daraufhin Abdul wissen. „Warum?“ fragt Marscha an Abdul gewandt erneut. „Na, weil er vor der eigenen Haustür kehren will“, gibt Abdul zurück. Ich gebe zu verstehen, das ich zwar nicht in Augsburg wohnen würde, meine Haustür in der Nähe von Köln sei, ich könne da derzeit allerdings nicht kehren, weil ich hier so viele Fragen zu beantworten hätte. „Warum bauen Sie dann das Haus des Friedens hier?“, stellt Marscha die nächste Warumfrage. Weil man hier offensichtlich bereit sei, ein „Haus des Friedens“ zu bauen. „Bauen Sie doch einfach eine Haustür ein, dann können Sie auch hier kehren“, behauptet Abdul amüsiert. Selbstverständlich kommt von Marscha die zweitwichtigste Frage der Welt: „Warum?“…
TAG 4: „Der Friedensprozess ist außer Kontrolle“
Am Ende des Tages und unserer Kräfte sitzt das ganze Team vollkommen erschöpft, überanstrengt und -wältigt von der großen Resonanz und Beteiligung am Bau des Hauses noch zusammen. Der eine findet keine Worte, die andere hatte keine Gelegenheit für Sonnencreme, die Dritte braucht sofort nen Aperolspritz. Annika hatte ihren Freund Stefan angerufen, er müsse sofort helfen, sonst gerate der Friedensprozess ins Stocken, Danielas Freund musste ebenfalls aushelfen usw.
Am, auf, unter und neben den Tischen sitzen, liegen, hocken, knien Menschen aus dem fernen und nahen Osten, zwischen Australien, Andalusien, Afghanistan, Amerika und sogar Augsburg, um ihre Botschaften auf die Steine und an die Wand zu bringen. Im anderen Teil des Gebäudes falten selbsternannte Faltteams einen Stein nach dem anderen, die von anderen zum „auswärtigem Zelt“ zur Gestaltung eskortiert, dann zum Mauerwerk weitergereicht und dort verbaut werden. Die Leute helfen und unterstützen sich inzwischen gegenseitig beim Falten, Bemalen und Bemauern das Haus des Friedens. Wir müssen hier und da eingreifen, wenn Kinder auf Leitern rumturnen, während sich die Eltern sich gerade versöhnen und Erwachsene mal die Stabilität des Mauerwerks überprüfen, indem sie sich gar übergewichtig an die Wand lehnen. Heute gibt’s (nur) eine Zitatensammlung und einige „Gesprächsfetzen“ aus Gründen von Reizüberflutung und Unsortiertheit in Kopf und Herz:
„Ich hatte mir Frieden irgendwie kleiner vorgestellt.“
„Was macht Ihr denn, wenn’s regnet?“ – „Dann wird’s vermutlich nass.“
– „Ach so!“
„Wenn jetzt ein Papppanzer um die Ecke kommt, was passiert dann?“
„Die meisten Friedensbotschaften sind ja ein bisschen aus der Hüfte geschossen.“
„Kann ich den einen Stein aus der Wand da drüben wieder rausschneiden. der ist so schön, den will ich mit nach Hause nehmen.“
„Wo hast Du denn meinen Stein hingemauert, den ich Dir heute früh gegeben habe? – „Wie sah der denn aus?“ – „Der hatte so ein Friedenssymbol.“ – „Ach der war das.“
„Das Frieden so schnell geht.“
„Gestern war vom Frieden noch nichts zu sehen!“
„Wer bezahlt den Scheiß?“
„Ich hätte nicht gedacht, das sich so viele Menschen beteiligen.“
„Der Friedensprozess ist außer Kontrolle. Wir müssen sofort die Blauhelme rufen.“
„Ich habe einen Stein nach Israel und einen nach Gaza geschickt. Ich hoffe, das beide mit einer Friedensbotschaft zurückkommen. Die kommen dann nebeneinander in das Haus.“
„Jetzt weiß ich endlich, warum es Kriege gibt. So einen Friedensprozess kannst Du nicht mehr steuern!“
TAG 5: „Reden ist Silber, Mauern ist Gold“
Eine Dame, die mir gleich bekannt vor kommt, nähert sich mit der Bemerkung: „Sagen Sie, das ist ja Wahnsinn, wie groß das geworden ist und was hier los ist. Ich war am Donnerstag bei der Grundsteinlegung und wollte heute nochmal schauen, ob sich was verändert hat. Aber das ist ja Wahnsinn, in welcher Atmosphäre des Miteinanders hier gefaltet, gemalt und gemauert wird.“ – „Danke“, bedanke ich mich etwas verlegen, weil mir keine anderen Worte einfallen. „Sagen Sie, würden Sie ganz kurz, ich weiß, Sie haben alle Hände voll zu tun mit all diesen Leuten hier – aber ich sehe, wie groß das Bedürfnis zu sein scheint, sich am „Haus des Friedens“ zu beteiligen – mir erklären, worum es Ihnen hier genau geht?“ – „Es geht um das Anzetteln eines Friedensdialoges und einer Methode des Diskurses, jenseits ausgetretener medialer Kommunikationspfade. Wir schaffen hier gemeinsam einen Diskursraum, in dem ein bildmächtiger Dialog über Frieden möglich werden kann. Die vielen Steine, die hier miteinander in allen Sprachen und von allen und in allen Farben nebeneinander vermauert sind, sind der Versuch, ein sinnbildliches Miteinander zu erschaffen und eine visuelle Diskursplattform zu kreieren“, erkläre ich und bin selbst ein bisschen erstaunt von dieser einigermaßen treffenden Zusammenfassung. Das muss die Sonne sein und das Delirium, in dem ich mich inzwischen befinde bei dieser alles in allem viel zu großen Kraftanstrengung aufgrund dieser riesigen Resonanz, der wir mit unseren kleinen Team kaum gerecht werden können. An dieser Stelle bitte ich um einen angemessenen Applaus für: Theresa, Daniela, Ayla, Davot, Bernd, Eric, Annika, Anne, Ruth, Georg, Olga und Stefan. Danke für Ihre Annerkennung der Leistung meines Teams und nun ohne weitere Umschweife zurück zu der Dame und ihrem angenehmen Gesprächsbedarf. „Und es machen wirklich alle mit, ich kann’s kaum glauben. Ich möchte Ihnen meinen Dank aussprechen und Ihnen meine Tochter vorstellen.“ – „Entschuldigung, ich bin gerade sehr glücklich mit meiner Partnerin Astrid…“ – „Das habe ich doch nicht so gemeint“, lacht die Dame und holt trotzdem ihre Tochter, die allerdings ihren Freund im Schlepptau hat, der sich auch noch vorstellt und über diese Bemerkung belustigt schmunzelt. „Sagen Sie, wie kommt es zu der runden Form mit dem Kreuz da herinnen und warum sind die Steine überhaupt weiß?“ – „Meine Freundin Astrid, von der ja gerade die Rede ist, hat kurz nachgedacht und behauptet, dass das Haus des Friedens keine Ecken und Kanten haben darf, und außerdem müsse das Haus des Friedens weiß sein. Die Farbe weiß sei die Summe aller Farben, die Brieftaube sei schließlich nicht umsonst weiß. Und irgendwie hat sie da mit allem ja recht. Als ich dann nach Augsburg gekommen bin, um das Projekt an vielen Stellen zu besprechen, sei plötzlich hier in Augsburg alles rund gewesen. Ich war in einer Falafelbude in Oberhausen, die hatten eine Sonne als rundes Logo, die Falafel war rund, die Falafelbällchen auch. Danach bin ich nur noch runden Verkehrsschildern begegnet, war bei einem Frisör in Oberhausen, der mich mit der Begründung rausgeschmissen hat, das er nur kreisrunde Haarschnitte könne usw., so ging das den ganzen Tag. Ich konnte es kaum glauben. Es waren auf einmal nur noch etwas zu korpulente Menschen auf der Straße. Ich saß mit Anne Garthe und ihrem Team im Kinderzentrum Oberhausen an einem runden Tisch, um eine bestmögliche Beteiligung der Schulen zu erwirken. Es war, wie überraschend, ein kreisrundes Gespräch. Das ging nur so weiter. Am Ende saß ich mit dem Ordnungsamt und dem Bauamt am runden Tisch zusammen, um das Projekt durchzukriegen, als das Ordnungsamt im Einklang mit dem Bauamt vorschlug, doch eine runde Form zu wählen, damit die Windlast bestmöglich zu den Seiten abgeleitet werden kann. Ich war völlig sprachlos über diesen Wink der höheren Mächte, sodass wir das „Haus des Friedens“ jetzt auf keinen Fall eckig bauen können.“ – „Und jetzt haben Sie auch noch das Beste Wetter, das man sich vorstellen kann. Das macht die Sache ja richtig rund. Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf, Ihre Freundin ist ja gold wert, die würde ich an Ihrer Stelle behalten.“ – „Da haben Sie vollkommen recht und voll ins Weiße getroffen. Aber Ihre Tochter scheint auch ganz nett zu sein, wenn ich das so sagen darf“, versuche ich einen Altherrenwitz, der von der Dame belacht, von der Tochter allerdings als weniger lustig befunden wird. Sie wendet sich ab und beschmust auf einmal auffallend deutlich ihren leider viel zu gut aussehenden Freund, der die Bemerkung seinerseits ganz amüsiert beschmunzelt. „Sie scheinen auf jeden Fall ein jeden-und-alles-integrierendes-Projekt erfunden zu haben.“ – „Wir sind zum Glück ein Team. Ich gebe Ihr Lob weiter. Haben Sie vielen Dank für ihre Resonanz, wir geben hier wirklich alle bei aller Anstrengung unser Bestes. Wir haben mit einer solchen Beteiligung nicht gerechnet und sind selbst ein bisschen gerührt von der Dankbarkeit und Rührung aller Menschen jeder Couleur und mit jedem nur denkbaren kulturellen Hintergrund. Eben hat sich ein afghanischer Mann bei mir dafür bedankt mit der Bemerkung: „das ihm dieses Projekt soviel Hoffnung gebe, wie nichts anderes, seitdem er in Deutschland ist. Danach hat sich ein älterer Herr als waschechter Augsburger bei mir vorgestellt, der Schwierigkeiten hatte, seine Gefühle in Worte zu fassen. Er bemerkte bei sich Emotionen, die er schon lange nicht mehr gespürt habe. Das muss einem erstmal über die Lippen kommen gegenüber jemandem, den ich noch gar nicht kenne. Erst recht in dieser Generation. Er konnte es gar nicht glauben, das ich ihm auch noch für ein paar Augenblicke meine Aufmerksamkeit schenke, was natürlich und selbstverständlich ist, so es eben geht bei dem Andrang hier auf der Baustelle. Er hat sich einen Stein mitgenommen und versprach, trotz seines hohen Alters, diesen Stein mit einer besonderen Friedensbotschaft zu versehen. Das wäre das Mindeste, was dieses Projekt verdient hätte.“ – „Wie wunderbar, ich kann mich nur bei Ihnen bedanken für dieses Projekt.“ Im Laufe des Tages kommt Lina zu mir, die heute das Gögginger Gebetshaus besucht und mal schauen will, wie es hier so zugeht, und segnet mich. Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll. Außer mich meinerseits nochmals bei meinem Team, ohne dass das hier (Du lieber Himmel, wie schreibt man denn diese zwei „das“ hintereinander jetzt wieder?) alles nicht möglich wäre, zu bedanken. Dazu gehört auch Thomas Weitzel, der auf politischer Ebene im Hintergrund manche Dinge möglich werden lässt. Als wir am Abend aufräumen kommt ein berufsjugendlicher Mann mittleren Alters zu mir und behauptet, er hätte bei seinem vierten Besuch auf der Baustelle endlich den herrlichen Widerspruch des Projektes erkannt: „Sie schaffen neue Mauern in den Köpfen der Leute aus Toleranz, Integration und Vielfalt. Großartig.“ Das würde ihn an aktuelle politische Programme erinnern, die auch nur dazu da seien, neue Mauern zu bauen. – „Ich gratuliere ihm zu seiner Weitsicht, die meine bei weitem Übersteige, bedanke mich für das Zurechtrücken meines allzu positiven Tagesbildes und versichere, ich sei lediglich an der Finanzierung meines Familienlebens interessiert und hätte gerade nichts Besseres zu tun. „Wir sind Brüder im Geiste!“, behauptet der auf einmal berufsbrüderlich werdende Mann. „Man kann sich seine Brüder selten aussuchen“, versuche ich den gesuchten Schulterschluss zu lockern und auf eine mir angenehmere Distanz zu bringen ohne zu deutlich zu werden. Jetzt aber endlich ab ins Wirtshaus auf’n Weißbier, oder zwei oderoderoder…
TAG 6: 500 KM bis zum „Haus des Friedens“
Der heutige Tag beginnt wie gewohnt mit einem Besuch des Königs von Augsburg. Wie immer frage ich seine Durchlaucht nach seinem Befinden, worauf er wie immer mit: „Es geht, es geht.“, reagiert. Allmählich scheint die allmorgendliche Begegnung ritualhafte Züge zu bekommen. So folgt standesgemäß die Frage nach dem Befinden des Volkes. „Dem Volk geht’s so lala. Es könnte ihm besser gehen, wenn es nur endlich meine Zahlenmystik annehmen würde…“
Diese Bemerkung muss für einige Augenblicke über dem Rathausplatz hängen bleiben und die offenen Fragen werden intuitiv auf später verschoben, weil Theresa mit der Nachricht, um 9 Uhr 30 sei Krisensitzung, über den Rathausplatz stürmt. „Welche Krise?“, wollen der sonst eher wortkarge König von Augsburg und der ansonsten genauso schweigsame Künstler wie im Chor wissen. „Der Wind ist natürlich das Problem ihres Bauwerks, das genau deswegen kein Meisterwerk der Architektur sein kann“, erkennt der König eines der größten Problemstellungen unserer Zeit messerscharf und vermutet vielleicht hier das Thema der anberaumten Sitzung. Seine Durchlaucht zur Krisensitzung einladend erkläre ich, dass das Gebäude genau deswegen ein Meisterwerk sein, vielleicht nicht der Architektur, aber u. U. der bildenden Kunst. „Vielleicht ein Meisterwerk des Wahnsinns!“, vermutet der Herrscher sich selbst aus der Sitzung wieder ausladend. Schliesslich korrespondiere der verwendete Werkstoff Pappe mit den Ebenen der Fragilität und Instabilität bei Nässe mit denselben den Frieden gefährdenden Attributen. Es handele sich genau deswegen eher um ein Kunstprojekt zwischen Skulptur und Aktivismus als reine Materialstudie, so mein letzter (Er-) Läuterungsversuch. Ich würde derzeit überlegen, ob ich als nächstes Projekt einen Regierungssitz für den König von Augsburg konzipiere. „Das Haus des Friedens ist gefährdet von zu wenig Personal“, platzt Theresa in diese sinnlose Diskussion. „Genau wie ich“, versucht der Staatenlenker erneut in von diesen gewohnt selbstherrlicher Manier das Gespräch wieder auf sich zu lenken. Sein langer Bart könne darüber hinaus ebenso wenig Wind vertragen wie das Pappgebäude, sieht er eine weitere Parallele zwischen den Angeboten der unmittelbaren Umgebung und sich selbst. Ich scheine mit dem falschen Bein aufgestanden zu sein, wähne mich noch immer im Albtraumland und hoffe, das der Wecker bald klingelt. Stattdessen klingelt mein Telefon. Meine Mutter ist dran: „Endlich machst Du mal was Vernünftiges, mein Sohn!“, eröffnet sie das Gespräch, das ich leider unterbrechen muss, weil ja die Krisensitzung endlich beginnt und zu der gerade alle erscheinen. Die Krise wird schnell für null, nichtig und für beendet erklärt, trotz der Entkräftung aller bei der wochenendlichen Überforderung auf dem Bau, trotzdem kann endlich weiter gebaut werden. Wir beschliessen, den heutigen Montag für die Einschätzung abzuwarten, ob die Begeisterung und übergroße Beteiligung am Friedensprozess die Leute auch wochentags von wirklich wichtigen Dingen abhält und wir mehr Personal benötigen, wo das auch immer herkommen soll? Die Friedensgespräche werden vom künstlerischen Leiter schnell beendet und der Baustellenseelenfrieden scheint wieder hergestellt.
Muss auch, weil schon ein paar Jugendliche mit Erziehern und Lehrern um die Ecke, äh…, um das Rund des „Hauses des Friedens“ kommen. Die heute wie in den Tagen zuvor kleine Gruppe von 3 Leuten reicht im Gegensatz zu den Tagen zuvor aus, um gut über den Arbeitstag zu kommen. Im Gegensatz zum Wochenende kann man sich sogar Gespräche auf Gespräche einlassen, ohne zu befürchten, dass Friedensdialoge gleich projektgefährdenden Charakter haben, was ja ein Widerspruch in sich bedeutete. Wir falten und gestalten für den Frieden, haben aber keine Zeit für Friedensgespräche zur Ermutigung der Menschen, ihre eigenen Konflikte zu lösen?
Es muss am dritten Tag in praller Sonne liegen oder an der Überbelastung des Teams, das ich hier etwas zu ausführlich rumkritzel. Außerdem bereitet mir Ganze auch mal eine schlaflose Nacht. So ist das, wenn das Projekt irgendwann Macht über Dich hat, und Du nicht mehr über das Projekt. An diesem Punkt sind wir gerade. Aber diese Interna gehen Sie doch eigentlich überhaupt nichts an. Genauso wenig, das sich Bernd heute trotz Erkrankung zur Baustelle schleppt, um zu helfen. Danke für Deinen Einsatz, Bernd. Ebensolchen an Erik und Theresa und Daniela.
Inzwischen hat das Gebäude eine beeindruckende Dimension erreicht. Wir können das Gebäude nicht mehr mit Planen abdecken. Ab heute ist damit quasi das „Haus des Friedens“ eröffnet. Am Abend sollte ich demzufolge gleich spielende Kleinkinder auf den Mauern rumkrabbelnd wieder herunterpflücken, während die Mütter lieber ins Handy glotzen. „Frieden ist nichts für schwache Nerven!“, ruft jemand treffend und die Szene aus der Ferne beobachtend. Noch kurz zum Tagesthema: Heute ist Daniela gekommen, um eine Botschaft zu überbringen, die sie 500 KM durch Deutschlang getragen hat, um sie zum Haus des Friedens zu bringen. Kann man sich das vorstellen. Zum Glück überlegt verbindet sie diesen Besuch mit einem des Gebetshauses in Göggingen. So kann ich mir einreden, dass sie eher auch wegen des Gebetshauses 14 Tage nach Augsburg gewandert. Glücklicherweise ist Pappe ein leichterer Werkstoff als das übliche Baustoffe, versuche ich meine Rührung und meinen Respekt, vor dieser Leistung mit vordergründigem Humor zu kaschieren, was mir im nächsten Moment als völlig unangemessen erscheint und eine Entschuldigung erfordert. Sie erkennt aber meine Gemütsverfassung, meine Rührung und meine Achtung vor Ihr und Ihrer Leistung. Also stehe ich weiter ungläubig staunend und wie angewurzelt vor ihr, und finde irgendwas stammelnd keine Worte der Anerkennung. Ich kann mich nicht erinnern, das jemals jemand eine derartige Strecke für kein materielles Weltkulturerbe oder historisches Monument oder Ereignis auf sich genommen hat. Sie erklärt, dass das „Haus des Friedens“ genau das wäre, nicht um mich weiter zu verunsichern, auch wenn es diese Wirkung auf mich hat, sondern um mich zu ermutigen. Ich weiß dies zu schätzen, Daniela, auch wenn ich kaum mit dieser Verantwortung umgehen kann. Wir unterhalten uns lange über Gott und die Welt. Sie hat viel zu erzählen über die derzeitigen Veränderungsprozesse in den Menschen und in der Gesellschaft. Aus Respekt vor ihr, soll dies verborgen bleiben. Über manches muss man Schweigen, anstatt zu Schreiben. Ich verspreche Ihr zum Ende unseres Gesprächs, ihrem Stein einen Sonderplatz zu Teil werden zu lassen. Es ist der einzige Stein, der falsch herum installiert werden darf. Wir haben nun einen kleine Altar im Haus des Friedens für Daniela und ihren Pappstein eingerichtet.
TAG 7: Einladung Richtfest „Haus des Friedens“ am Sonntag, den 18.08.2025″ um 17 Uhr und der hl. Frank Knotenlöser“
Raten sie mal, wer schon auf der Baustelle ist, als ich um 9 Uhr zu Dienstbeginn an der mentalen Stempeluhr stehe: Genau, der König von Augsburg. Diesmal mit einem neuen Mottoshirt mit dem übersetzten Text „Staatsanwaltschaft, im Anfang war das Wort, achtzehn Buchstaben“. Erneut kommt er auf seine von der Öffentlichkeit missachtete, geniale Zahlenmystik zu sprechen: „Wenn doch nur die Menschen auf mein Zahlensystem anspringen würden, es würde die ganze Welt verändern. Aber sie wollen nicht, noch nicht. Aber das ist auch nicht weiter schlimm. Die Menschheit hat noch Zeit.“ A propos Zeit, ich müsse jetzt los, damit der Baufortschritt… äh, fortschreitet, bekomme ich den Satz zu Ende geholpert. Seine Majestät behauptet, an seiner Haustür in der Jakobermauer 2, die Tür ohne Nummer und ohne Namen, dafür mit Schritt auf dem Türblatt gebe Aufschluss über seine Zahlenmystik basierend auf den Ziffern „Otilie“ für 8 Wochentage und „Palette“ für 32 Monatstage. In meinen von der frühsommerlichen Wärme und zu früher Stunde noch nicht ganz auf Betriebstemperatur justierten Gedankenapparat formt sich die Bemerkung: „Das Haus das Friedens mit seinen 26 Metern Durchmesser habe demnach eine Otilie in der Quersumme des Durchmessers mit der Höhe von 2,46 Metern derzeit zwei Paletten in der Quersumme als Volumen.n „Jawollo“, pflichtet mir der Erlauchte plötzlich im Jugendsläng bei. Ich bedanke mich für die Einladung zur Audienz bei seiner Majestät, der offenbar in der alten Stadtmauer wohnt. Wurden die nicht früher als Verließ und Kerker verwendet?
Ein Ukrainer bedankt sich in gebrochenem Englisch für unsere Aktion mit den Worten: „Thank you for making the world a better place!“ – Wir singen ein paar Verse von Michael Jackson’s Song „Heal the world“ zusammen und drücken uns die Hände zum Abschied.
Gegen Mittag spricht mich eine männliche Stimme mit den Worten: „Seh ich das richtig, Sie bauen hier ein Hakenkreuz?“, an – „Vollkommen richtig, ein Hakenkreuz aus Friedensbotschaften ergibt ein Bild des gemeinschaftlichen Neben- und Miteinanders bei gleichzeitiger Akzeptanz des Fremden, jede Stimme darf gesehen und gehört werden und ist gleichwertig. Wir bauen gemeinsam mit allem und jedem ein Haus des Friedens, gleich welcher Bildungsgrad und gesellschaftlicher Status – all diese uns von einander trennenden Elemente fallen hier von den Menschen ab – das genau das wird der Faschismus der Zukunft sein. Sie haben es als erster und vermutlich einziger komplett begriffen. Ich gratuliere.“ – „Aber entschuldigen Sie“, bittet der etwas verwirrt dreinschauende Mann nachsichtig: „Sie wollen hier behaupten, ein Hakenkreuz aus Friedenssymbolen und Friedensbotschaften zu bauen?“ – „Neinnein, Sie behaupten das.“ – „Besser kann man den Widerspruch, in dem sich die Gesellschaft befindet gar nicht abbilden. Aber Sie führen die Menschen hinters Licht, die wissen doch gar nicht um Ihre Absicht, dass das ein Hakenkreuz werden soll? Ich habe mal von oben schauen können, da drüben aus dem Fenster. Da wohnen Bekannte von mir. Da kann man das erkennen.“ – „Genau so muss es wohl damals gewesen sein, zumindest ist es das, was man im Geschichtsunterricht lernt“, ich könne das auch in etwa aus meiner eigenen Familiegeschichte heraus bestätigen.“ – „Wenn Sie uns jetzt zeigen wollen, wie die Menschen hinters Licht geführt werden – Sie scheinen ja ein guter Stratege zu sein – Glauben Sie, das Projekt bewahrt uns damit in Zukunft vor einer Wiederholung der Geschichte? Wollen Sie das damit aussagen“ – „Jetzt nochmal von vorn. Die wie auch immer zu interpretierende aktuelle Form ist nicht die endgültige. Im Übrigen ergibt die Verwendung dieses Symbols und sein Missbrauch durch verschiedene veränderte Varianten eine sehr aufschlussreiche Genealogie über die Verbrechen an der Menschheit und gibt Auskunft über die wahren Absichten hinter der Symbolik. Leider wird das meist erst im Nachhinein erkannt und auch nur von wenigen. Was uns hier angeht, am Ende wird das „Haus des Friedens“ ein kreisrundes weißes Gebäude ohne Ecken und Kanten. So Sie wollen, bauen wir über die von Ihnen hier entdeckte Swastika hinaus. Die Menschheitsgeschichte ist voll von diesen Verbrechen an sich selbst, wir versuchen hier aber etwas Neues, das, wenn es sehr gut läuft, vielleicht ein paar Dinge verhindert. Ich bin aber kein Freund der Selbstüberschätzung, eher des einfach-Ausprobieren-ohne-Angst-und-mit-möglichst-wenig-Bedenken. Aber zurück zur Zukunft. Was wirklich in eine angenehmere Gesellschaft überführen kann, ist die Gemeinschaft als Akteur und Autor dieses wie hoffentlich auch anderer ähnlicher Aktionen zwischen Kunst und Aktivismus. Ich komme nur mit einer Idee, dann gibt es ein begeistertes kleines Team, das die Kraft hat, gegen alle Widerstände an zu arbeiten, danach kommt die Bevölkerung, die uns hier in einer Weise unterstützt, das wir das Gefühl bekommen, die Leute haben nur darauf gewartet, sich mal wieder ihrer Stimme bewusst zu werden, die ihnen sonst überall genommen wird. Nicht mehr die einzeln Stimme eines von mir aus genialen Experten ist der Heilsbringer, Hoffnungsträger und Weltverbesserer, sondern die Gemeinschaft von allem und jedem stellt sich die Frage nach Sinn und Unsinn und baut diese Welt nach ihren Prinzipien zum Wohle aller und von jedem auf. Die individuelle Originalität und Expertise wird abgestimmt mit den Bedürfnissen aller, mit denen in den Dialog getreten wird. Es bestimmt nicht länger eine Macht- und Finazelite von oben herab, stattdessen wird die Welt von unten nach oben gebaut und nicht mehr anders herum, wie das immer noch Gang und Gebe ist. Das ist der eigentliche Richtungswechsel, der vollzogen wird. Wir können diese Entwicklung blockieren oder unterstützen. Ich würde letzteres vorschlagen, das ginge wesentlich leichter von statten. Diese Form der Strategien einzelner zur Bewegung von Massen und Politik, Gesellschaft und von mir aus auch Kunst sind abgeschmackt und funktionieren nur noch, weil wir nichts anderes kennen und es so lange das einzige Mittel war. Wir versuchen hier also etwas Neues, das Sie sich jetzt gern von Innen mal anschauen dürfen, statt von oben darauf herab zu sehen. Ich gebe Ihnen noch einen Tipp mit auf den Weg: Riskieren Sie einen frischen Blick ohne Vorbildung und ohne den Abgleich mit althergebrachten Konzepten, mit denen Sie ja ganz gut vertraut zu sein scheinen. Immerhin kennen Sie den Begriff der Installation aus der zeitgenössischen Kunst.“ – „Aber das hier ist doch Aktivismus und keine Kunst, auch wenn hier ein bisschen gemalt und gezeichnet wird!“ – „Kunst hat zunächst mal nichts mit Disziplinen zu tun, sondern mit Vision und Erneuerung. Und genau darüber sprechen wir gerade. Hier geht es im etwas, das viel größer ist als jeder einzelne von uns. Damit landen wir bei den Kräften von Gemeinschaft und sozialem Mörtel, der hier den Chor der gleichberechtigten Stimmen zusammenhält. Wo wir schon bei Richtungswechseln sind, ich würde zudem noch einen Wechsel der Blickrichtung vorschlagen, nämlich den nach Innen. Weniger nach außen schauen im Wissen um Bildungsprogramme und Konventionen, als den freien und unverstellten Blick nach Innen. Da entdeckt man irgendwann nämlich etwas ganz anderes, sich selbst. Und wenn Sie dann dran bleiben…“ – „Äh, ich wollte eigentlich nur nach einem Pappstein fragen. Kann ich den da mitnehmen?“ – „Entschuldigung Sie, ich wollte Sie hier nicht mit meinem pers….“, versuche ich noch eine Rettung der Situation, als der Mann schon überinformiert um die nächste Ecke verschwindet, nachdem er sich einen Pappstein unter den Arm geklemmt hat. Meine Bemerkungen sind gefärbt von Überarbeitung, zuviel Verantwortung und anderen Aspekten, die auf mir lasten. Ich entschuldige mich an dieser Stelle und im Nachhinein bei diesem Mann für die Belehrungen, die mir weder zu- noch gut zu Gesicht stehen. Ich bin auch nur ein Mensch und bekomme so meine Lektionen im Leben. Zum Anderen darf ich an dieser Stelle betonen, das Dialoge wie dieser die absolute Ausnahme darstellen und die Wirkung der Vielzahl der positiven Stimmen in keinster Weise eintrüben. Die Menschen, die das „Haus des Friedens“ besuchen, bewegen sich, von der Vielzahl der Menschen, die sich bereits beteiligt haben, der inzwischen erreichten Größendimension der bildgewordenen Friedensabsichten und dem Konsens aller Menschen jenseits von Hautfarbe, kulturellem Hintergrund und Ausdrucksvermögen, sehr gemächlich durch die Räume und sind berührt von dem Gesamtbild, beinah demütig lassen Sie den Blick durch das Gebäudes schweifen.
Als ich mich von der Überhitzung meiner Betriebstemperatur an der Kühltheke im nächsten Supermarkt abkühlen will, erreichen Worte einer Gruppe älterer Damen meine Ohren, die sich darüber unterhalten, dass ihre Enkel gestern zwei Stunden lang Pappsteine bemalt hätten und endlich mal nicht am Handy oder am Computer daddelten. Sie wäre so beeindruckt von den beiden und ihrer friedfertigen Beschäftigung. Das hätte es so noch nicht gegeben. Das hätte dieses Projekt schon mal geschafft. Die anderen Damen pflichten bei und wollen sich sofort Pappsteine holen, damit ihre Enkel es ihnen gleich tun. Zum Beweis zeigt die von dieser familiären Besonderheit berichtende Dame Handyfotos der bemalten Pappsteine. Als ich um die Ansicht der Fotos bitte und mich als am Projekt Beteiligter zu erkennen gebe, erkenne ich die beiden womöglich größten „Friedensapostel“ unserer Zeit: Bart und Homer Simpson. Sie versprechen, ihre „Friedensbotschaft“ morgen zur Baustelle zu bringen. Zurück von der Lebensmittelquelle wird auf der Baustelle gerätselt, was für Friedensbotschaften eigentlich in der Vielzahl der für uns unbekannten Sprachen und Schriftbilder verborgen sein mögen oder ob es womöglich um ganz andere Botschaften gehe. Als ich exemplarisch eine Gruppe afghanischer Männer anspreche, die gerade ein mir völlig unbekanntes Schriftbild studieren, erklären sie, es stünde auf diesem Stein in Paschtu: „Alles Gute zum Muttertag.“ An Nachmittag kommt Thomas Weitzel zur Baustelle und bietet mir einen Besuch bei seinem Ostheopaten an. Ich vermute, er kann mich aus den oberen Geschossen des anliegenden Rathauses blickend nicht mehr über die Baustelle humpeln sehen, was tatsächlich an der Summe der anstrengenden Ebenen dieses Projektes wie zuvor abgeschlossener liegen mag. Bauleitung ist nun mal der ungesündeste Beruf der Welt, das wissen alle Mütter, die Bauleiter auf die Welt gebracht haben nur zu genau. Sie sind die ganze Zeit mit Kommunikation, Fragen der Statik und der Organisation beschäftigt und haben neben ihrem Handy in der einen den Hammer in anderen Hand und mit der dritten müssen sie den Nagel festhalten. Die Frage: „Wie soll das gehen?“, beschäftigt sie den gesamten Tag. Ich komme gerade aus Italien, wo ich ein Projekt in ähnlicher Größenordnung abzuwickeln hatte, bei dem ich noch drei weitere Hände aus meinem Körper wachsen lassen musste: „Wie soll das gehen, wenn Sie nur drei Hände haben?“ Irgendwann sollte man sich wohl damit abfinden, das man eben nur drei Hände hat. Wenn man das nicht irgendwann akzeptiert, wird’s eben schwierig mit der Gesundheit. So bekommen wir eben alle unsere Lektionen im Leben. „Der Mann wächst mit seinen Aufgaben“, höre ich eine weibliche Stimme hinter mir rufen. Die Stimme gehört zur guten Seele des letztjährigen Projektes „NEOKunsthalle Göppingen“. Wie schön, das Du mich besucht hast heute in Augsburg, liebe Evi. Bitte grüße Dein gesamtes Umfeld in der Kunsthalle Göppingen mit Veronika, Melanie, Eva und Valentin. Was haben wir da letztes Jahr für unglaubliche Erfahrungen machen dürfen, die Sie alle unter https://frankboelter.com/neokunsthalle-goeppingen/ nachlesen können. Ich bitte die kurz eingestreute Eigenwerbung an dieser Stelle zu entschuldigen. Weiter im Text: Evi war gerade in einer Kirche um die Ecke und zeigt mit eine Abbildung der Maria Knotenlöserin, die um die Wende des 17ten und 18ten Jahrhunderts in Augsburg gelebt haben soll. Sie behauptet plötzlich, diese Heilige hätte eine frappierende Ähnlichkeit mit mir, worauf ich sie bitte, mir mal die Postkarte zu zeigen. Sie behauptet die Nase und die schräge Kopfhaltung hätten wir gemein, worauf wir wieder beim Ostheopaten wären, den ich vielleicht doch mal anrufen sollte. Ich kann mich bestenfalls in ihren Händen wieder erkennen, stimme ich ihr anteilig zu, was die These bestätigt, das doch jeder etwas anderes sieht und sehen kann aufgrund seines Vorwissens und seines Lebenserfahrungsschatzes. Wir sinnen über den übertragenen Sinn der Tätigkeit von Maria Knotenlöserin nach und fragen uns, was die Nachbarschaft der Kirche mit dem Gemälde, das an diese Frau erinnert, mit dem „Haus des Friedens“ und der Verortung des Projektes in Augsburg zu tun haben möge, sehen darin aber natürlich überhaupt keinen Zusammenhang.
Vielleicht nehme ich das Angebot von Thomas Weitzel an und gehe mal zu seinem Osthepathen, um meinen mühsam erwirkten Beckenschiefstand korrigieren zu lassen, den ich mir auf dem Rückweg aus Italien beim Überqueren der Alpen zugezogen habe. Danke für dieses Angebot. Mal sehen, wie es mir morgen geht, könnte mich vielleicht der König von Augsburg morgen früh fragen?
TAG 8: „Das ‚Haus des Friedens“ sieht aus wie Ihre Frau?“
Gegen 11.20 Uhr fragt eine ältere Dame, wie das Gebäude und seine Form zu verstehen sind. „Können Sie mir erklären, was dieses Kreuz in der Mitte zu bedeuten hat, hat das eine bestimmte Symbolik?“ – „Das dient zunächst mal der Stabilität. Hätten wir nur die Außenmauern, würde das „Haus des Friedens“ wohl beim kleinsten Windstoß Zusammenbrechen. Wir müssen ja alles uns Mögliche für den Frieden tun. Dazu gehört auch die maximale Stabilität bei größtmöglichem Gebäudemaß“, versuche ich etwas Licht in die Ahnungen der älteren Dame zu bringen. Die lässt ihrem Wissensdurst weiter freien Lauf und fragt nach der runden Form des Gebäudes: „Haben Sie da an Formen aus der Natur gedacht, an organisches Wachstum?“ – „Genau, dabei habe ich tatsächlich an meine Frau gedacht. Aber tatsächlich geht es um eine möglichst stabile Form, die sich selbst zusammenhalten kann. Dazu kommt der Aspekt, das die runde Form keine Ecken hat, so dass sich keine Spannungen innerhalb der Form und unterschiedlicher Längenmaße ergeben. Sie ist sozusagen die perfekte geometrische Form für Spannungslosigkeit und damit für die gebündelte Friedensabsicht unseres Gebäudes. Noch genauer hat es auch damit eine Ebene des Weiblichen. Frieden ist bestimmt eher in der Weiblichen Absicht zu verorten als in der Männlichen, wo das Erobern, das Erfolgsstreben und das Mammut am Horizont eher ein erfülltes Leben bedeuten. Am genauesten genommen sprechen ja manche Menschen von der heiligen Geometrie, das fängt bei Fibonacci an und hört bei spirituellen Aspekten auf. Dazu kommt noch eine formale Verwandtschaft zur Landeplatzmarkierung, hier darf der Frieden landen. Gleichzeitig darf sich der Frieden von hier aus überall hin ausbreiten, wir haben deswegen kein Dach. Darüber hinaus ist der Rathausplatz in Augsburg der wichtigste Platz in der Stadt, die Gesamtanstrengung von so vielen Menschen, die sich hier beteiligen und von uns als Team gehört dann auch zur Summe der Aspekte, die nötig sind, um ihre Wirkung in der Zukunft zu entfalten. Wir müssen hier alle schon ein bisschen über unsere Grenzen gehen, um das „Haus des Friedens“ bauen zu können. Die Beschäftigung mit all diesen Aspekten spielt eine Rolle bei der Entwicklung dieses Gebäudes und seiner Struktur. So ähnlich verhalte es sich wohl auch mit dem Friedensprozess. Zum Glück ziehen hier alle an einem Strang von Ordnungsamt bis den afghanischen Jungs dahinten, so kann das klappen mit dem Frieden. Wir zeigen nur auf, wie das gehen kann. Insofern war dieses Projekt irgendwie auch eine Prüfung für uns alle, ob wir das wirklich ernst meinen mit dem Frieden. Das Team des Friedensbüros arbeitet längst genauso über ihren eigentlichen Kapazitäten wie die Bevölkerung, die uns hier die meiste Zeit auf Trapp hält. Wir tun also alles für den Frieden, was wir können und machen das gern. Die Götter scheinen uns wohlgewonnen zu sein und haben uns eine sonnige Zeit geschenkt, um dieses Signal an die Welt zu senden. „Und wie ist das mit dem Längen- und Breitenmaß, also dem Durchmesser des Hauses?“, will die wissbegierige Dame auch noch wissen. „Wir haben einen Durchmesser von 26 Metern, das entspricht einer Quersumme von 8, damit haben wir die Referenzziffer zur liegenden Acht als Zeichen der Unendlichkeit. Damit haben wir das Gebäude auf spiritueller Ebene für alle Zeiten im Bewusstsein der Menschen verankert…“, werde ich auf der Suche nach fadenscheinigen Begründungen etwas zu ausführlich für die inzwischen leichte Ungeduld ausstrahlende Dame. Die fragt dann: „Zurück zur Natur, glauben Sie denn, ihre Absichten erreichen die Menschen?“ – „Zurück zu meiner Frau, zumindest habe ich ihre Absichten damit erreicht, die hat das nämlich alles vorgeschlagen“, gebe ich ihr zu verstehen. „Das Gebäude ist also quasi Ihrer Frau nachempfunden?“, schmunzelt die Dame amüsiert. „Ist bei Ihrer Frau denn auch alles rund?“, wird die sich selbst belustigende Dame ein bisschen zu privat. „Das können Sie am Freitag nachmittag selbst überprüfen, dann kommt sie nach Augsburg“, schlage ich vor. „Ich komme dann auch. Ich will die Frau, die so aussieht wie das „Haus des Friedens“, unbedingt mal sehen.
TAG 9: „Frieden ist wichtig“
Heute kein Text, nur soviel: Wir haben Überstunden machen müssen. Die Menschen wollen sich in einer Vielzahl beteiligen, das wir irgendwann die Übersicht verlieren, Loslassen ist das Gebot der Stunde, … äh, Stunden, … vielmehr seit über einer Woche. Wahrscheinlich werden wir anbauen müssen, oder einen Ableger irgendwo entstehen lassen. Vielleicht „kindelt“ das Haus des Friedens ja irgendwo in Augsburg. Wer weiß, wo – bitte melden. Wir haben heute Sockel für die Kinder gebaut und sie gleich drauf gesetzt, die einen sagen: „Kinderarbeit“, die anderen: „Endlich tut einer was für die Kinder“. So oder so. Ich muss jetzt Yoga machen, sonst komme ich morgen nicht mehr aus den Federn. Morgen kommt Astrid, sie hat Geburtstag. Ich will noch einen Tisch im Restaurant Dill bestellen und erstmal heiß duschen. Ist ein ganz schöner Kraftakt, wir sind glücklich und platt. Danke an Arik, Annika, Theresa, Susanne, Kathrin (mit „H“ eigentlich oder ohne?). Gute Nacht:)
TAG 10: Unisono – 2000 Stimmen, eine Absicht
5:25 Uhr Ich werde wach und bin sofort mit der Frage beschäftigt, wie es zu der Situation kommt, das wir alle dasselbe wollen, aber keine Macht haben, unsere Absichten zu verwirklichen. Unsere Stimmen werden offenbar nicht gehört, wir sind ohnmächtig. Wir haben dem Frieden ein Haus gebaut, einen Platz geschaffen, wo der Frieden auf die Erde kommen kann, ähnlich einem Landeplatz, vielleicht deswegen das Kreuz in der Mitte, ähnlich den Hubschrauberlandeplätzen. Manchmal haben diese das Andreaskreuz in der Mitte im Bewusstsein eines Notfalllandeplatzes. Der zweite Gedanke ist gebunden an die Frage: „Und jetzt? Was machen wir mit dem „Haus des Friedens“? Vielleicht brauchen wir ein Bild, um diesen Zustand der Gesellschaft, der Welt und der Menschheit zu sehen, um zu verstehen.
Gestern kam jemand zur „Haus des Friedens“ und sagte, das wunderbare an diesem Projekt sei einfach, dass es so unglaublich viele Ebenen habe, die alle zum Nachdenken und Einfühlen anregen. Er würde den „Tempel“ gern als Kulisse für einen Film benutzen, da wird es aber auch um das Gegenteil unserer Intentionen gehen. Kurz danach kam der ukrainische Familienvater zurück zur Baustelle und erklärt, er müsse mindestens einmal am Tag hierher kommen um wirklich zu fassen, was er hier erlebt hat. Ich kämpfe mit den Tränen, als er sagt, dass er mich bis an sein Lebensende nicht mehr vergessen wird. Noch schwieriger wird demzufolge der letzte Schritt dieses Projektes, der uns jetzt beim Richtfest und bei der Eröffnung des „Hauses des Friedens“ bevor steht: Der Frieden wird eingemauert und ab- und weggeschlossen, auf das er erhalten und hier bleibe und von keinem Menschen und von anderen Absichten gestört werden kann. Das „Haus des Friedens“ kann nicht mehr betreten werden, es sei denn, man wendet Gewalt an. Der Frieden darf als Ideal in Erinnerung bleiben, und als ein Platz der Reife, an der ich vielleicht selbst noch arbeiten muss, bevor ich ihn betreten kann. Ist Frieden etwa eine Idealvorstellung, an der es zunächst in aller Stille zu arbeiten gilt, und die man zunächst in sich selbst zu suchen hat, bevor im Außen Frieden herrschen kann? Erst im Innern muss ich Frieden mit mir selbst schließen, bevor ich im Außen Frieden mit anderen schließen kann, bevor ich erwarten kann, das irgendjemand für mich Frieden mit anderen schließt. Ein Stein stellte schließlich die Frage nach unserer „Friedenstüchtigkeit“. Ich muss also den Blick nach innen wenden, um mir selbst auf die Spur zu kommen, dazu braucht es Mut, allen Ablenkungen im Außen eine Absage zu erteilen, auch dem heute fertig zustellenden „Haus des Friedens“. Aber wie komme ich mir selbst auf die Spur?
Auf einem Stein ist ein Porträt der Margot Friedländer, die das KZ Theresienstadt überlebt hat und am 09. Mai 2025, zu Beginn unserer Bauphase 104-jährig verstorben ist. Auf dem Stein steht ihr Zitat: „Seid Menschen!“. Aber was ist mit: „Seid Menschen“ eigentlich gemeint? Was sind wir sonst, wenn wir keine Menschen sind? Ich darf ein bisschen spekulieren und interpretieren nach diesen Erfahrungen auf der Baustelle, wo sich so viele Leute als Menschen gezeigt haben, ich so viel Menschlichkeit und Hingabe jenseits von kulturellen Hintergründen, persönlichem Ausdrucksvermögen in Sprache, Text und Bild jenseits der Hautfarben erleben konnte. Menschen haben Gefühle. Gefühle aller Couleur, die in alle Richtungen gehen. Schmerz, Trauer, Wut und Lebesfreude, Gelassenheit und Liebe tauchen jeden Lebensmoment in eine Energie und sind verbunden mit jedem Ereignis. Gefühle geben uns Kraft und bringen mich auf die Fährte zur Frage, wer ich eigentlich bin? Sie machen das Leben erst lebenswert, manchmal liebevoll und insgesamt viel lebendiger. Aber auch das Gegenteil ist möglich, ich kann mich gegen die Lebendigkeit entscheiden. Wir haben damit die Wahl zwischen einem Leben als Mensch und dem in einer Rolle. Als Rollenspieler werde ich gelebt und bin der Erfüllungsgehilfe fremder Absichten, bin fremdgesteuert und diene jemand anderem oder etwas anderem. In diesem Zustand ist je nach Wirkungsgrad, Möglichkeiten und Macht alles möglich, im persönlichen Umfeld wie manchmal im gesellschaftlichen. Sie können ihre Kinder einfach nur übersehen oder einen Weltkrieg anzetteln, die Ursache ist immer dasselbe, Sie spielen eine Rolle, machen Ihr Ego über größer als das der anderen und haben sich gegen das Leben als Mensch entschieden. Sie haben den wollen der größte Pappstein in der Mauer sein und den besten Platz haben. Womöglich sind Sie sich auch viel zu schade, sich auf das Niveau der Straßenkunst herabzulassen. Das Problem zeigt sich im Großen wie im Kleinen. Der Unterschied liegt nur im Maßstab. Die Wahl zu haben zwischen einem Leben als Mensch und einem Leben in einer Rolle ist die wahre Macht, die Sie haben, die Sie zunächst mal nur über sich selbst haben, aber manchmal nicht vor dem Ausleben an anderen Halt macht –
Ich möchte Sie jetzt fragen, für welchen Weg Sie sich entscheiden? Sind Sie lebendig oder spielen Sie lieber eine Rolle? Sie können sich jetzt entscheiden, ihren Lebensweg als Mensch fortzusetzen. Nehmen Sie sich jetzt einen Moment der Stille und entscheiden Sie sich für ein Leben als Mensch. Es lohnt sich, das Leben als Mensch zu erleben, so wie ich es hier in Augsburg erleben durfte. Die Menschheit wird es Ihnen danken –
Ich bedanke mich für diese wertvollen Erfahrungen, die ich mit Euch beim Bau des “Hauses des Friedens“ machen durfte. Hier habe ich so viele Menschen gesehen, die alle dasselbe wollen: In Frieden leben. Es gibt Hoffnung.
TAG 11: „Nun ist es passiert!“
08.11 Uhr Kathrin schreibt in die Whattsapp-Gruppe, das es nun doch passiert sei: „Es wurden Steine zerstört und unsere schönen Mauern von gestern:(“
Nach kurzem internen Dialog einigt man sich nach kurzem Moment der Enttäuschung, die Mauer unbeirrt wieder aufzubauen, um dem Willen, Frieden herzustellen, Nachdruck zu verleihen und ein Gesicht zu geben, Entschlossen- und Ernsthaftigkeit unserer Absichten zu untermauern und Beharrlichkeit über das Bauwerk auszustrahlen.
11.12 Uhr Mit gemeinschaftlichen Kräften sind die Mauern und Objekte von gestern wieder hergestellt. Auf der Baustelle des Friedens kehrt eine Freude am gegenseitigen Helfen und Unterstützen ein, Felix baut eine Durchreiche für ein 1-Liter Maß, Eric behauptet, genau das hätte ihm gefehlt, Kathrin freut sich über das ungehinderte Engagement der Leute, die einfach nicht aufhören wollen, Pappsteine zu falten, zu bemalen und irgendwohin zu mauern. Ich brauche eine Pause und lege mich in den Liegestuhl und beobachte den Besucherstrom. Vor den Mauern des Friedens stellt sich eine junge Frau mit einem Schild um den Haus und der Aufschrift: „Free Hugs“, die Nähe scheint von vielen Menschen dringend gebraucht zu werden.
TAG 12: „Nun ist es schon wieder passiert!“
10.37 Uhr Felix schreibt, man hätte über Nacht die gestern in den Räumen aufgemauerten Friedensobjekte und -Nischen und „Rückzugsräume der Stille und des Privaten“ zerstört. Aber die ließen sich schnell wieder aufrichten und Reparieren. Der gestrige Trotz scheint sich in Selbstverständlichkeit zu verwandeln, in den „Haus des Friedens“-Aktivismus hinein und aus dem Trümmerhaufen von gestern heraus zu wachsen. Felix berichtet weiter, das die Leute inzwischen böse werden und Verlangen, den Schaden am „Haus des Friedens“ zur Anzeige zu bringen. Bevor noch mehr Schaden an der Fragilität des Friedens sichtbar werden und weitere Zweifel an den friedlichen Absichten aller Menschen aufkommen, schnell noch ein paar Abbildungen der „Dialoge in und an der Mauer“:)
11.48 Uhr Ich komme zu spät zur Baustelle. Alle werden schon da sein. Ich hoffe, man verzeiht mir das. Ich nutze die Verspätung für eine Einladung zur heutigen Eröffnung: https://www.instagram.com/reel/DJw_ubuNim3/?igsh=MWdwc3VhcDNraGltNA==
TAG 13: „Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein“
17 Uhr Wir treffen uns am „Haus des Friedens“ zur Eröffnung. Der Sicherheitsdienst bittet die zahlreichen Besucher, das „Haus des Friedens“ zu verlassen, das Museum schließe jetzt jeden Moment für immer. Nachdem der Eric Nikodym als künstlerischer Leiter ein paar freundliche Worte zur Eröffnung des Museums am heutigen internationalen Museumstag sagt, schicke ich mich an, den Eingang des Museum der Friedensbotschaften zu zu mauern. Als Erklärung liefere ich, das „Haus des Friedens“, seine vielfältigen Friedensbotschaften wie der Friede selbst müssten nach dem Vandalismus der letzten beiden Nächte geschützt und gesichert werden. Noch während das „Haus des Friedens“ verschlossen wird trägt eine junge Frau aus Ungarn namens Migena „the children of Eden“ auf deutsch vor, und Roman spricht über seinen persönlichen Frieden berichtet. Nach seinen Kriegserfahrungen an der ukrainisch-russischen Grenze kommt dem spürbar eine besondere Bedeutung zu. Als das Eingangsportal des Gebäudes verschlossen ist, wird auf die Eröffnung angestoßen.
18.37 Uhr Ich höre ein lautes Geräusch, als ich mich umdrehe, ist die obere Hälfte soeben fertig gestellten des Mauerwerks eingestürzt. Es spricht sich herum, dass sich drei junge Männer gemeinschaftlich gegen das Mauerwerk geworfen haben, um den Eingang wieder frei zu bekommen. Das gelingt nur zur Hälfte. Sie stehlen sich anschließend etwas unsicher davon. Das Bollwerk ist noch immer zu hoch, der Eingang bleibt versperrt. Niemand kommt hinein.
TAG 14: „Davon stand aber nichts in der Zeitung“
10.47 Uhr Als ich mit gemischten Gefühlen, zur Schau getragener Entschlossenheit bei gehörigem inneren Zweifel, das richtige getan zu haben, letztmalig das „Haus des Friedens“ erreiche, kommen mir schon Kinder mit ihren Eltern entgegen, die unbedingt ihre Stein wiedersehen wollen. Meine Versuche der Erklärung, es sei notwendig, das gesamte Bild unserer aktuellen widersprüchlichen gesellschaftlichen Situation der Unsicherheit, gesellschaftlichen Dilemmas der Friedenssicherung durch Waffenlieferungen und dem Mangel an Vertrauen in die politischen Institutionen und seiner Vertreter in Form eines Denkmals des fragilen Friedens, der durch einen Gewaltakt geschützt wird, schlagen fehl, gehen ins Leere oder wollen nicht akzeptiert werden. „Wie sollen wir das unseren Kindern erklären?“, fragt mich verzweifelt die Mutter des 8-jährigen Seif. „Ich kann es auch nicht“, gestehe ich und bemerke, das der Zweifel in mir an der gestrigen Performance noch größer wird. Als ich das noch immer vorschlossene Portal erreiche, stehen viele Leute davor, recken sich, um über das Bollwerk hinüber zu schauen, fotografieren hinein, und unterhalten sich über die Situation: „Wieso ist das denn jetzt zugemauert? Davon stand aber nichts in der Zeitung.“
TAG 15: „Das Friedenshaus am Rathausplatz in Augsburg ist wieder geöffnet“
Ich erstatte Anzeige „gegen unbekannt“ und übergebe die Angelegenheit sicherheitshalber meinen Anwälten.