Haus des Friedens

Performance – Temporäre Installation
Rathausplatz, Augsburg | 2025

 

Das „Haus des Friedens“ ist der Bau eines alle Bereiche der Augsburger Gesellschaft integrierenden und sämtliche Öffentlichkeiten befruchtenden wie bereichernden monumentalen Friedensgebäudes für alle in Augsburg ansässigen Menschen aus faltbaren und temporär haltbaren „Pappsteinen“ auf dem Augsburger Rathausplatz. Im vorbildlichen Miteinander wird ein den weltweit notwendigen Friedensdialog abbildendes Denkmal gebaut, das als temporäres Dach der eigenen Friedensbemühungen alle gesellschaftlichen Sparten, separierte Blasen und Parallelgesellschaften zusammenführend skulptural beheimatet. Falte, gestalte und Baue mit!

Ab dem 15. März könnt Ihr die kinderleicht faltbaren und zu bemalenden vorgestanzten Pappelemente im Friedensbüro der Stadt, Bahnhofstr. 18 1/3a (Hinterhof) in 86150 Augsburg abholen, um sie mit einem persönlichen Friedensbericht oder einer gemalten oder gezeichneten Friedensaktion zurückzubringen oder die „Steine“ ab dem 01. Mai 2025 auf dem Rathausplatz mit zu vermauern. Stein um Stein wird „das Haus des Friedens“ von Euch gebaut, Bild für Bild werden Eure Friedensbemühungen im Innern des Hauses ausgestellt, Schritt für Schritt gehen wir gemeinsam in den Frieden.

Am Ende der Bauphase wird mit dem letzten Stein das ephemere Denkmal des Friedens am 8. Mai 2025, 80 Jahre nach der Beendigung des 2. Weltkrieges, verschlossen, versiegelt und die Ausstellung der gemeinschaftlich geschaffenen Bauskulptur mit seinem verbarrikadiertem Inhalt „eröffnet“ und der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die im Inneren an den Wänden des Gebäudes in der Bauphase zuvor ausgestellten „Schätze der privaten Augsburger Friedensbemühungen“ ist nur in der Bauphase der Öffentlichkeit zugänglich und verbleibt nach Fertigstellung und Eröffnung hinter dem Bollwerk verborgen: Das Ideal des Friedens scheint demnach ein unbetretbarer Ort zu sein, der nur auf Kosten von Zerstörung des höchst fragilen Gebäudes zu betreten ist? Wer wissen will, wie die Ausstellung im Inneren aussieht, muss sich mit Gewalt Zutritt verschaffen. Wer wagt den ersten Schritt, um zu sehen, was sich im Innern befindet? …

Auf großer Fahrt von Citeaux nach Gravenhorst

Performance – Temporäre Installation
Kloster Citeaux (Fr.), Canal de l’Est, Mosel, Rhein, Dortmund-Herne-Kanal, Kunsthaus Kloster Gravenhorst  | 2006

 

 

Auf großer Fahrt von Citeaux nach Gravenhorst ist das „Logbuch“ eines ca. 600 Seemeilen langen Reiseabenteuers. Der Kölner Künstler Frank Bölter fuhr im Jahr 2006 mit einem Riesenpapierschiffchen aus Tetra Pak entlang der europäischen Kultivierungs- und Kolonialisierungswasserwege Saône, Canal de l’Est, Moselle, Mosel, Rhein, Rhein-Herne-Kanal, Donau-Ems-Kanal. Die Reise begann mit einer gemeinschaftlichen Faltaktion mit Novizen des Ordens im Gründungskloster des Zisterzienserordens Citeaux und endete mit der Übergabe einer Botschaft des Abtes im ehemaligen Tochterkloster des Ordens, dem heutigen „Kunsthaus Kloster Gravenhorst“. Das Buch dokumentiert die Unwägbarkeiten des Projekts sowie die Hilfeleistungen freiwillig wie unfreiwillig in das Projekt eingebundener Personen in Text und Bild, lässt die im Mittelalter übliche Verbindung zwischen Kunst und Spiritualität wieder aufleben und erinnert an die „Missionsreisen“ früher Mönche (z.B. St. Brandanus, 5. Jh.). Festeinband aus dem als Bootsmaterial genutzten PE-Getränkefolienumschlag. Gefördert durch die Stiftung Kunstfonds mit Mitteln der VG Bild-Kunst.

 

Publikation „Auf großer Fahrt“, erschienen im Salon Verlag, Auflage 1000, 68 Seiten, Hardcover mit Umschlag aus Milchkarton, 21 x 16 cm
mit Texten Frank Bölter

Chronik von Que(e)rbeet, -feldein und -denken in Köln-Kalk

Temporäre Installation – Performance
Veedelsbüro Loéstraße 6, Brauwelt und Kalkberg, Köln-Kalk | 2023

 

Chronik „Que(e)rbeet, -feldein und -denken in Köln-Kalk

12.04.2023 Anruf von Tommi Grusch vom Stadtteilbüro Kalk-Nord und Veredle e.V. mit der Frage, wie die Welt in Kalk noch zu retten sei? Ich verspreche sofort nach Kalk zu kommen, um ein Loch in die Wand zu machen.

15.04.2023 Ortsbegehung und Besichtigung von Kalk und neuralgischen Punkten den öffentlichen Raum betreffend. Auf Nachfrage halten 50 % der Befragten die Parkplatzsituation für das größte Problem in Kalk, neben den Mietpreisen und den ansteigenden Lebenshaltungskosten. Als ich etwas zu spät zum meinem nur in Notfällen dieser Art zu fahrenden Auto zurückkomme, klebt ein Knötchen an der Windschutzscheibe. Die Parkzeit habe ich um 7 Minuten überzogen.

16.04.2023 Visualisierung des Projektvorhabens „Queerbet, -feldein und -denken in Kalk“ als zweiteiligem Workshop zur beispielhaften Transformation der gesamten Gesellschaft in Kalk in Form der gemeinschaftlichen Faltung des „SUV Kalk“ aus Karton zum Kalkfest am 19.08.2023 und der Transformation des Vehikels am 27.08.2023 in die „Rose of Kalk“. Tommi Grusch erklärt im Namen des Stadtteilbüros Kalk-Nord und des Veedel e.V. sein Einverständnis in den blumigen Worten: „is ok!“, warnt aber gleichzeigit vor zu hohen Parkgebühren, sollte der SUV Kalk die anvisierte Parkzeit von einer Woche überstehen.

19.08.2023
Ab 14 Uhr Fertigung des SUV Kalk mit tatkräftiger Unterstützung der Nachbarschaft der Loestraße unter Melonenspenden eines älteren türkischen Herrn und der Versorgung mit Kirschkuchen einer älteren „Urkalker Dame“, die das Geschehen von ihrem Balkon aus beobachtet und eine Stärkung verspricht: „Sie müssen doch was essen, bevor Sie damit losfahren! „Aber sagen Sie mal, wo wollen Sie denn damit eigentlich hin?“ Fragt Sie mit leicht besorgtem Unterton. Der 8-jährige Mohammed antwortet planvoll: „Erst auf den Kalkberg, dann parken wir falsch am Kalkar Stadtgarten!“. „Gute Idee“, meint die soeben die Bühne, die die Welt bedeutende und betretende Elke S., die mit ihrer gerade noch rechtzeitig entbundenen Tochter Lenja zur Jungfernfahrt des die Automobiltechnik womöglich weiter entwickelnden SUV Kalk erscheint, wie der frisch gebackene Opa Dirk S. Dazu meint, der dafür gesorgt hat, das die Kalker Bevölkerung einigermaßen Bescheid weiß, was sich Weltbewegendes im Hinterhof der Loestraße in Kalk abspielt. „Ich weiß noch nicht“, meint der frisch gebackene Projektbeauftragte des zivilen Ungehorsams in Kalk Tommi Grusch, „ob das hier gut geht.“ „Ich habe die Faltanleitung vergessen!“, fällt dem Künstler gerade noch rechtzeitig auf, damit Mohammed meint, er wisse, wie es weitergehe. Prompt wird dem 8-jährigen Mohammed der Führerschein gefaltet und ausgestellt, damit der Prototyp auf die Probe gestellt werden kann.

 

16 Uhr pünktlich wie die übrige lahmendere deutsche Autoindustrie läuft der Prototyp des SUV Kalk vom Band und kann seine Probefahrt antreten. Am Kalker Markt verlässt die eine Hälfte der Insassen das manövrierfähige Vehikel. Es fallen Sätze wie „Ich hätte ich gewusst, das ich selbst fahren muss, wär ich gar nicht erst gekommen!“, oder: „Danke fürs Mitnehmen.“, Andere meinen: „Das Lenken fällt ein bisschen schwer, ansonsten absolut verkehrstauglich!“. Mohammed fragt: „Ob er sofort einen Führerschein machen könne?“, der ihm prompt ausgestellt und gefaltet wird. „Man sieht ja drinnen gar nicht, was draußen los ist?“ Stellt Elke fest, damit Florian sagen kann: „Hier ist sohl der einzige Ort in Kalk, an dem man mal mit sich alleine ist.“ Als wir nur noch zu Dritt sind, fährt der heilige Geist in uns, mobilisiert unsere letzten Kräfte, die uns doch noch bis auf den Kalkberg führen. An der Pforte meint einer der das Areal bewachenden Feuerwehrmänner aufgeschlossen: „Eigentlich wollten wir keine Autos mehr auf den Berg rauf lassen.“ Bernd Giesecke kontert beflissen: „Der Wagen hat Brandschutzklasse 3, damit können wir überall hinfahren“. Das scheint die Feuerwehr zu überzeugen, die uns eine halbe Stunde Aufenthalt gewährt, die im Namen des Beauftragten des zivilen Ungehorsams in Kalk Tommi Grusch entsprechend überzogen werden muss. Zu unserem Glück fahren nach einer Stunde guter Aussicht vom Kalkberg über das Panorama von Köln ein paar Freiwillige den Wagen wieder hinunter. Der inzwischen von uns mehr als heilig gesprochene Fahrer Bernd Giesecke behauptet, das die Feuerwehr doch sowieso erst immer nach dem Brand, also eigentlich zu spät käme. Da können wir bestimmt mit Verständnis rechnen. „Kann ich mitfahren?“ schreit jemand von draussen im Vorbeifahren, was wir verneinen, da wir gerade so gut unterwegs sind, dass uns beinah die Arme abfallen. Als von hinten gehupt wird, scheint mir, das Tommi Gruschs rechter Arm durch das zu tragende Gewicht des Fahrzeugs bereits länger geworden ist als sein Linker. Auf Nachfrage antwortet der neue Karosseriebauer, das er gerade keine Zeit hätte, das zu überprüfen. Außerdem könne er nicht loslassen, ohne einen Unfall zu verursachen. Nach länger Probefahrt endlich zurück auf der Kalker Hauptstraße wird gezielt der Kalker Stadtgarten angesteuert, das Auto schnell falsch geparkt, ausgestiegen und sich in alle Winde zerstreut, bevor das Ordnungsamt um die bestimmt nächste Ecke kommt. Wir können in der vorbeikommenden Demo gegen zuviel CO2-Ausstoss und zu vielen Autos Kalk untertauchen. Außerdem (Achtung schlechter Witz:) fehlt zudem das Nummernschild!

 


27.08.2023 immer noch unversehrt, zwar mit ein paar kleinformatigen Grafittis und Plakaten, die auf das heutige Vorhaben werbend hinweisen, geschmückt, wird um 14 Uhr wie geplant der SUV Kalk zur Sünder Brauerei zur Kalk-Kunst gefahren, wo das Fahrzeug in „the Rose of Kalk“ umgefaltet werden soll. „Ob das gut geht?“ werden laute Zweifel von vorbeifahrenden und -hupenden Augenzeugen des immer noch fahrtüchtigen Vehikels vorgebracht. „Habt Vertrauen in die Deutsche Automobilindustrie“, ermuntert Bernd Giesecke die anderen zumeist schnelleren Verkehrsteilnehmer. Um 14.30 Uhr wird der SUV Kalk wieder entfaltet und einer gemeinschaftlichen Hau-Ruck-Kunstkation nach allen Regeln der partizipativen Künste mit Besuchern der Kalk-Kunst basisdemokratisch in „the rose of Kalk“ transformiert. Vollkommen klar, das „the rose of Kalk“ im Bezirksrathaus von Köln-Kalk landet.

Der Weg des geringsten Widerstandes

Happening – Walk
Köln bis Berlin | 2024

 

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… war der ca. 650 Kilometer langer Fußmarsch von meiner Haustür am Rolshover Kirchweg 82 in Köln quer durchs Land, über Berg und Tal, Stock und Stein zu Mann und Maus bis in den Reichstag nach Berlin mit einem geschulterten Straßennamenschild mit der Aufschrift „Weg des geringsten Widerstandes“.
Während des etwa 4-wöchigen Fußmarsches im September 2021 in Anzug, Krawatte und Lackschuhen, mit dem Rohrpfosten und installiertem Schriftzug auf der Schulter wurde auf dem „Weg des geringsten Widerstandes“ der Frage nachgegangen, ob und warum der Mensch einen leichten, bequemen und möglichst geraden Lebensweg einem unbequemen, umständlichen und komplizierten Lebensweg vorzieht? …
Dieser Weg des vielleicht größten Widerstandes samt abschließendem „Besuch des Reichstages“ endete mit der Konfrontation der politischen Elite mit dieser lebenswichtigen Fragestellung exakt am Tag der Bundestagswahl am 26. September 2021 …
Die Darstellung der Frage, ob ein gradliniger, schnörkel- wie um- und auswegloser Karriere-, Bildungs- und Lebensweg auch wirklich der Richtige ist, konnte über die Internetseite http://www.wegdesgeringstenwiderstandes.de in Form von täglichen Berichten und Wasserstandsmeldungen aus den Schuhen des Wanderers mitverfolgt werden. Neben allen Stationen dieses „Kreuzweges“ zeigte die tägliche Dokumentation dieser Tortour die exemplarischen, allegorischen wie bestimmt unbequemen Schritte dieses Weges mit all seinen Abzweigungen, Umleitungen, Sackgassen und Absperrungen, Irrungen wie Wirrungen, unsagbaren Mühen mit unerklärlichen Begegnungen, allen Hilfestellungen der Bevölkerung samt Gesprächen über Lebensmut, -glück und -müdigkeit wie Kommentaren in Reisetagebuchform mit Text und Bild.
Diese humorvolle Infragestellung von Bequemlichkeit und den Schattenseiten dieses bestimmt freud- wie leidvollen Marsches quer durch die Republik ins Parlament zum Dialog mit der politischen Elite samt Schenkungen und Unterstützungsleistungen von Übernachtungsmöglichkeiten, Lunchpaketen und Lackschuhspenden in der Größe 44 für das formvollendete Erscheinungsbild des Akteurs dieser Langzeitperformance und -studie fanden im Internettagebuch Erwähnung, genau wie alle angenehmen Begleiterscheinungen und unliebsamen Begegnungen auf dem langen Weg vom Westen des Landes durch Westfalen und Niedersachsen durch den Osten nach Sachsen, durch Brandenburg bis nach Berlin.
Wer mithalf, diesen charmanten „Schildbürgerstreich“ als Version historischer Ablasswanderungen, traditioneller Protestmärsche und zeitgemäß bewegter Verbindung mit Mutter Natur Wirklichkeit werden zu lassen oder zu begleiten, sollte nach Vollendung des Projektes zum Dank ein handsigniertes Buch und eine Grafik des „Wegs des geringsten Widerstandes“ überreicht bekommen, deren Auflage exakt der Summe der Unterstützenden entspricht. Eine Dokumentation erscheint in Kürze im Verlag für Moderne Kunst, Wien.

Der Weg des geringsten Widerstandes
Vernissage Mittwoch, 01.09.2021 um 8.30 Uhr, Rolshover Kirchweg 82, 51105 Köln
Finissage Sonntag, 26.09.2021 um 18 Uhr im Reichstag, Platz der Republik, 10557 Berlin

Wandertagebuch:
www.wegdesgeringstenwiderstandes.de

 

Publikation „Weg des geringsten Widerstandes“

erschienen im
Verlag für moderne Kunst, Wien

298 Seiten, Hardcover mit Banderole, 21, 14,4 cm
mit Texten von Dr. Katja Blomberg, Frank Bölter
Buchgestaltung Julia Majewski
Fotografie/Film Frauke Schumann und Achim Köhler
ISBN 978-3-903439-84-9
Auflage 500, Preis 34,90 €

https://www.vfmk.org/books/frank-boelter-der-weg-des-geringsten-widerstandes

Bestellungen über den Verlag für moderne Kunst oder per mail an:
Mail an Studio Frank Bölter

 

Sonderedition „Weg des geringsten Widerstandes“,
298 Seiten, Hardcover mit Originalanzug und Banderole, 21, 14,4 cm
mit Texten von Dr. Katja Blomberg, Frank Bölter
Buchgestaltung Julia Majewski
Fotografie/Film Frauke Schumann und Achim Köhler
Auflage 20, Preis auf Anfrage

Bestellungen per mail mit Betreff „Sonderedition“ an:
wegdesgeringstenwiderstandes@gmx.net

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Fotograf Edition: Jens Pussel, www.jenspussel.de

Eine Gans ist ein Turm ist eine Rose ist …

Performance – Temporäre Installation
Monheim am Rhein, Kunstwerkstatt | 2022

 

Eine Gans ist ein Turm ist eine Rose …
war eine dreiteilige Performance im öffentlichen Raum von Monheim. So wurde aus demselben Blatt Papier an drei aufeinander folgenden Sonntagen im Juni 2022 zunächst das Wappentier der Stadt Monheim am Rhein, eine Gans, gefaltet, die am darauffolgenden Sonntag in das Wahrzeichen der Stadt, der Schelmenturm, umgefaltet wurde, um schießlich als Seerose auf dem das Stadtbild prägenden Rhein ins Ungewisse zu driften …

Veranstaltungen jeweils Sonntags am 05.06.22, 12.06.22 und am 26.06.22 von 14 bis 17 Uhr

 

bettelCOLOGNE

Performance
Kölner Ringe, Köln | 2017

Die uns allseitig versprochenen und doch nicht eintretenden Bedürfnisbefriedigungen durch Konsum unserer „Einkaufs- und Shoppingerlebnisse“ führt zu den immer gleich aussehenden Filialen der Konzernketten und Multistores – nicht nur auf den Kölner Ringen. BettelCologne überträgt das ökonomische Phänomen des Franchising und andere uns vertraute Marketingkonzepte auf das Bettelgewerbe.

11 Bettler ab 11 Uhr 11 alle 111 Schritte auf den 1111 von Konsum und Kommerz geprägten Metern der Kölner Ringe 11111 Sekunden lang am Tag des Sommerkarnevals „Jeck im Sunnesching“. „Das ist das seltsamste Déjà-Vu-Erlebnis, das ich je hatte“, so ein Passant im Vorbei gehen …

The satisfaction of our needs through the consumption of our „buy and shopping experiences“, which is promised to us on all sides and yet does not materialise, leads to the branches of the corporate chains and multistores that always look the same – not only on Cologne’s rings. BettelCologne transfers the economic phenomenon of franchising and other marketing concepts familiar to us to the begging trade.

11 beggars from 11 o’clock 11 every 111 steps on the 1111 metres of the Cologne Rings marked by consumption and commerce for 11111 seconds on the day of the summer carnival „Jeck im Sunnesching“. „This is the strangest déjà vu experience I’ve ever had,“ said a passer-by as he walked past …

https://vimeo.com/237897414

UMTaufen der Kölner Ringe

Performance – Temporäre Installation
Kölner Ringe, Köln | 2017

 

Das Herz der Stadt Köln ist fest umklammert von Dt. Herrscher- und Adelsdynastien (Hohenstaufen- Habsburger- und Hohenzollernring) und lenkt unseren Blick auf Historisches (Ubier-, Karolinger-, Salier- , Sachsenring etc.). Unser Verhalten beim Orientieren ist geprägt vom Aufschauen zu Macht und Historie. Warum?

Wie können wir den Menschen Aufmerksamkeit schenken, die sich gegenwärtig, auf Augenhöhe und jenseits von Kommerz, Verkehr und Amüsierbetrieb auf den Kölner Ringen für Lebensqualität, Flair, Atmosphäre und Wärme einsetzen? Ein Projekt zur Erforschung alternativer Möglichkeiten zur Beschilderung der Stadt.

Ringabschnitt für Ringabschnitt wird umgetauft, Schritt für Schritt werden bis dahin unbekannte BürgerInnen für ihren eigenmächtigen, oft unauffälligen Einsatz im Schatten der lauten und hektischen Kölner Ringstraßen mit einem Straßennamenschild geehrt. Zu Beginn wurde der Hohenstaufenring in Dietlinde-Schumacher-Ring umgetauft. Dietlinde Schumacher führt den ältesten Kiosk Kölns seit Jahrzehnten mit Herz und Seele. Die Nachbarschaft weiß dies zu schätzen …

mehr unter:

http://www.koelnerringe.de

http://www.stadtlabor-koeln2017.de

Refugee Origami Camp Detmold

Performance – Temporäre Installation
Café Welcome, Schlossplatz, Detmold | 2016

 

Wie sieht die Gesellschaft von morgen aus? Und wie können wir gemeinschaftlich zum Gelingen der großen Aufgabe ‘Integration’ beitragen?
Geben wir diesen großen Fragen mal anders Gewicht und ihnen in Form eines Camps aus überdimensionierten, recyblebaren, gefalteten Papierhäusern, an dem jeder mitarbeiten kann, ein entsprechendes Gesicht.

Refugee Origami Camp Detmold (ROCD) wird ab Montag, dem 9. Mai gemeinschaftlich im Zentrum von Detmold von seinen Bewohnern selbst und anderen Freiwilligen errichtet – Im weiteren Verlauf finden diverse Workshops und Labore zur Herstellung von Lebensmitteln im Bierbrauen, Brotbacken und im Backen von Schwarzwälderkirschtorte etc wie zur Eigenproduktion von Kleidung und Möbelbau statt.
Die hergestellten Produkte werden am Camp “direktverkauft”, die Einnahmen werden zum weiteren Aufbau eines Programms der Refugee – Selbstversorgung und Eigenproduktion in Detmold verwendet.

Wir suchen Hobbybrauer zum Brauen von Refugeebeer und Feinbrötchenbäcker zum Backen von Brot aus echtem Flüchtlingsschrot und -korn, Nählaien und Lakaien zur Produktion von Allwetterhosen und Starkregenjacken, die jedem Wetter trotzen.
Spenden von Mehl, Salz, Wasser und anderen Grundnahrungsmitteln sind genauso erwünscht, wie bürgerschaftliches Engagement zum Aufbau einer neuen Gesellschaftsordnung, die jeden mit Freiheit zur Selbstentfaltung und Hilfsbereitschaft versorgt.
Freiwilliges Engagement, zur Verfügung stellen von Know-how, wie Spenden von Lebensmitteln und Stühlen, Tischen und Matratzen werden gerne genommen.

Refugee Origami Camp Detmold ist der Modellversuch einer selbstvermächtigten und ethnienübergreifenden Selbstversorger- wie Solidargemeinschaft und erprobt das fragile wie notwendige Gesellschaftsbild der natürlichen wie selbstverständlichen integration einer Gesellschaft im Wandel.

 

Chronik Refugee Origami Camp DETMOLD 

Montag, 09.05.2016

11.30 Uhr Vorbereiten der 8 x 8 Meter großen Papierfläche im „Café Welcome“ des Flüchtlingsheims in der Adenauerstraße. Sofort kommen Mischa und Farouk und viele andere Kinder. Sie fragen: „Was Du machen?“ Ich erkläre mit „Händen und Füßen“, dass ich gerne mit Ihnen ein lebensgroßes Origami-Haus falten möchte. Das wird nicht verstanden, daher zeige ich Ihnen eine Faltanleitung eines Origami-Modells. Auch das ist anscheinend zu abstrakt für die kleinen Kinder. Ich versuche Ihnen mit einer auf der Theke des Cafés herumliegenden Serviette zu erläutern, wie man ein Haus faltet. „Ich helfen“, „ich helfen“, „ich helfen“, „nein, ich helfen“, ruft es vor lauter Begeisterung aus vielen Mündern.

13.22 Uhr Die große Papierfläche ist geklebt. Um etwas zu verschnaufen, setze ich mich auf den einzigen noch freien Stuhl im Hof des „Café Welcome“. Ich stelle mich meinen Sitznachbarn vor. Hassan erzählt, dass er in Aserbaidschan als Architekt und Designer gearbeitet hat. Ich frage ihn, ob er sich vorstellen könnte, beim gemeinschaftlichen Hausfalten mitzuarbeiten. Er fordert Holz und Schrauben. Der Baumarkt sei nicht weit. Ich fahre sofort los, um das angeforderte Material zu besorgen.

Als ich nach 20 Minuten zurückkomme, haben die vielen Kinder – die allermeisten aus arabischen Ländern, bereits etliche Falten und Knicke in das Papier gemacht. Auf meine Frage: „Was ist das?“, antworten sie einstimmig und voller Lebensfreude: „Da Haus“. Den Impuls der Kinder aufnehmend wird mit allen Kindern und dem großen Papierknäuel einfach weiter gefaltet. Es ist kaum vorstellbar, dass aus diesem Papierhaufen noch ein Haus werden soll. Aber was sollen wir tun? „Falten Haus!“ ruft Mischa. Das Haus wird wohl krumm und schief werden, wenn es überhaupt nach einem Haus aussieht. Ich muss mir klar machen, das es weniger um das Objekt „Haus“ geht, als um das Gründen einer Gemeinschaft, die das Unmögliche möglich macht: Ohne sich mündlich verständlich machen zu können, können wir jedoch zumindest versuchen, die gemeinsame Sprache „Origami“ zu sprechen. Hassan macht sich sofort an den Gerüstbau. Die Kinder fragen nach Stiften zum Bemalen der Hauswände. Ich fahre sofort los, um das angeforderte Werkzeug zu besorgen.

17.10 Uhr Als das Haus tatsächlich fertig vor uns steht, kann ich kaum glauben, was wir da gemeinsam geschafft haben. Das Gerüst, das der unermüdliche Hassan schnell und stabil aus Dachlatten gebaut hat, passt auch noch so dermaßen exakt in das Papierhaus, das es sich fast wie ein Wunder anfühlt. Die Kinder wollen sofort Fenster und Türen hineinschneiden. Der Cutter ist allerdings verschwunden. Alle Stifte sind auch weg.

Als Mischa, Farouk und die vielen andere Kinder in das Papierhaus krabbeln, werden sie von einem uniformierten Securityguard angeherrscht und zurecht gewiesen. Ich bremse den Aufseher und behaupte, es sei doch schön, wenn die Kinder mit und in dem Haus spielen – es sei ja schließlich ihr Haus.

18.52 Uhr Man verabredet für morgen, ein weiteres Haus zu falten. Abends kann ich vor Freude über die kindliche Begeisterung kaum einschlafen.

 

 

Dienstag, 10.05.2016

11.30 Uhr Es wird erneut eine den gesamten Platz vor dem Café Welcome füllende Papierfläche geklebt. Die Kinder haben schon gewartet, nehmen sich sofort der Heißluftpistolen an, um die Papierbahnen aneinander zu schweißen. Ich befürchte, dass sich die Kinder dabei verletzen; ist die Luft zum Verschweißen der einzelnen Milchkartonbahnen doch sehr heiß. Allerdings gehen sie so geschickt und sicher mit dem Werkzeug um, das jeder sowieso unmögliche Versuch, den Umgang mit dem Werkzeug mündlich zu erklären, überflüssig erscheint. „Ich“, „Ich“, „Ich“, „Ich“ schallt es aus allen Mündern, um dem Wunsch, den Heißluftfön zu übernehmen, Ausdruck zu verleihen.

12.18 Uhr Farouk hat sich am Papier geschnitten. Er blutet am Zeigefinger. Ich gehe mit ihm zum Sanitäter des Arbeiter Samariter Bundes. Der Finger wird mit einem Pflaster geschützt. Farouk lächelt wieder.

13.47 Uhr Hassan nimmt sich wie selbstverständlich des Gerüstbaus an. In Windeseile steht das Gerüst, nur die Kinder sind mit dem Hausfalten schneller. Um sie zu beschäftigen, verteile ich Stifte, sie bemalen hochkonzentriert und in stiller Versunkenheit die Papierwände. Herzen und Blumen sind die Lieblingsmotive. Ich bin gerührt von soviel Herzlichkeit und Zuversicht. Die Erwachsenen sitzen am Rand und schauen den Kindern dabei zu.

18.40 Uhr Abtransport des zweiten Hauses. Die Kinder wollen es behalten und geben es nur unter der Bedingung heraus, dass morgen ein neues Haus gefaltet wird. Hassan erwähnt, dass er sich ein Fahrrad wünsche, mit dem er die Gegend erkunden kann.

 

Mittwoch, 11.05.2016

10.27 Uhr Falten des nächsten Papierhauses. Alles wie immer. Die Kinder wieder nicht zu bremsen und versprühen pure Lebensfreude. Die Erwachsenen schauen dabei allerdings nur zu. Außer Hassan, der unermüdlich mit Gerüstbau beschäftig ist, ist nur gelegentlich jemand bereit, mal eine Dachlatte zu halten. Als ich frage, warum er soviel Leistungsbereitschaft zeigt, sagt er, dass er die Langeweile im Flüchtlingsheim kaum aushält. Auf meine Frage, warum die anderen Erwachsenen, seiner Meinung nach, nicht mithelfen, weiß er zunächst auch keine Antwort. Dann erklärt er, dass Kriegs- und Fluchterfahrungen eine Beteiligung bestimmt schwierig machen. Es trübe die Freude am Leben. Außerdem sei man hier in einer schwierigen Situation: „Alle warten darauf, dass das Leben anfängt.“

12.35 Uhr Einige Erwachsene Geflüchtete laden uns zum Essen ein. Sie bestehen darauf, das wir die lange Schlange der Wartenden vor der Essensausgabe überholen – alle wollen uns vorlassen. Wir lehnen dankend ab. Auch die Security will uns an der Schlange vorbei „schleusen“. Wir bestehen auf das Warten.

12.55 Uhr Als wir zum Essen Platz nehmen, nehmen unsere Nachbarn unseren Getränkebecher und wollen uns Orangensaft holen. Alle 2 Minuten werden Assistant Pauli und ich mit Händen, Füßen und sehr freundlichen Gesten gefragt, ob wir noch etwas zu trinken wollen. Wir lehnen dankend ab und fragen, ob wir unsererseits ihnen noch Getränke holen können. Man lehnt ebenfalls dankend ab.

13.20 Uhr Ich fahre mit Hassen sämtliche Fahrradläden in Detmold ab, um ein „second hand-Bike“ zu besorgen. Wir finden schließlich eines in der Fundgrube. Ich hoffe, Hassan eine Freude gemacht zu haben.

16.10 Uhr Es tauchen Probleme auf beim Versuch, das Gerüst unter die gefaltete Papierhülle zu klemmen. Ahmed, Sherwan, Mohammed und drei weitere Erwachsene Männer packen schließlich doch mit an.

18.56 Uhr Das Papierhaus wird gemeinschaftlich geschultert und in einer Prozession durch das Stadtzentrum von Detmold zum Theaterplatz getragen.

 

Donnerstag, 12.05.2016

10.12 Uhr Aufhängen von Plakaten im Café Welcome und im Kindergarten des Flüchtlingsheims: Einladung zum Hausfalten auf dem Theaterplatz ab 14 Uhr.

Wird jemand um 14 Uhr zum Theaterplatz kommen? In Gesprächen mit Mitarbeitern des Arbeiter Samariter Bundes, die den Geflüchteten in der Adenauerstraße betreuen, erklärt man, man freue sich über das Angebot im Rahmen des Straßentheaterfestivals, vor allem die Kinder hätten ihre Freude gehabt. Man glaube allerdings nicht daran, das es gelänge, die Bewohner des Heimes in die Stadt zu locken.

14.27 Uhr 45 Kinder des Kindergartens des Flüchtlingsheimes kommen mit ihren ErzieherInnen Ellina, Anna und Joelle zum Theaterplatz und wollen sofort anfangen, kleine Papierhäuser zu falten. Völlig überfordert von so vielen Stimmen und Sprachen fordere ich Verstärkung beim Festivalteam an. Sofort kommen Marvin und Pirko, schneiden Papier, um die Kinder damit zu versorgen.

16.08 Uhr Der Prinz Stephan zur Lippe lässt über die Mitarbeiterin des Bauamtes, Frau Reue, ausrichten, das die Kinder von der Grünfläche des Schlossparks verschwinden müssen: „Also mit dem Camp auf dem benachbarten Theaterplatz hat der Prinz ja keine Probleme. Das aber jetzt auf dem Teil des Parks, der zum Schloss gehöre, die Aktion mit den Flüchtlingskindern stattfindet, das stößt auf und kommt nicht gut an.“ Ich erkläre, ich könne leider nicht auf jeden dahergelaufenen Prinzen Rücksicht nehmen. Es gäbe hier mit der aktiven Integrationsarbeit gerade Wichtigeres zu tun.

Nach 3 Stunden gehen alle Kinder mit einem Papierhaus auf dem Kopf nach Hause. Ob morgen die Erwachsenen kommen?

17.35 Uhr Hassan kommt mit seiner Freundin Jewgenia zum Theaterplatz. Er bittet um Unterstützung beim Versuch, einen „Transfer“ in ein Flüchtlingsheim nach Bielefeld zu bekommen, da Jewgenia dort lebe. Wir verabreden uns für einen Besuch bei der Heimleitung für morgen, 9 Uhr.

 

Freitag, 13.05.2016

Ich spreche mit Ali im Büro der Heimleitung über Hasan und Möglichkeiten eines Transfers nach Bielefeld. Dort erklärt man, das Flüchtlingsheim in Bielefeld sei derzeit voll. Sobald dort ein Platz frei werde, werde man Hassan dort hin vermitteln.

Jürgen Niestrath spendet ein Fahrrad für das Flüchtlingsheim und bietet einen Trommel-workshop an. Ich verspreche, mich darum zu kümmern.

12.10 Uhr Verabredung mit Jürgen Niestrath, dass Hassan sein second-hand-Fahrrad zu ihm in die Werkstatt bringt, um es dort reparieren zu lassen.

Installation der Fotos des Origami-workshops in den Falthäusern auf dem Theaterplatz. Etliche Gespräche mit Passanten über den Sinn und Unsinn der Faltübungen mit den vielen geflüchteten Kindern im Detmolder Flüchtlingsheim. Überwiegend große Anteilnahme und Unterstützung dieser Art der Gründung von Gemeinschaften und der Verknüpfung der unterschiedlichen Lebenswelten. Wenige Flaneure fragen, wann das RefugeeOrigamiCampDetmold endlich beginne. Es wird jeweils geantwortet, dass entscheide jeder selbst mit einem Beitrag zur Bewältigung der großen Aufgabe, die da allgemein „Integration“ genannt werde. Das Projekt „RefugeeOrigamiCamp“ sei damit jeder selbst.

19.22 Uhr Einige der am Origami-workshop beteiligten Kinder kommen zum Theaterplatz. Wir betreten die seid heute geöffneten Papierhäuser. Sie freuen sich sichtlich, sich auf den Fotos wieder zu erkennen und fotografieren sich mit den Handys ihrer Eltern, die ebenfalls fröhlich und ein bisschen stolz auf ihre Kinder zu sein scheinen. Wir verabreden uns für morgen gegen 14 Uhr zum Falten eines weiteren Papierhauses.

19.47 Uhr Bakhary kommt zum Camp und fragt nach, ob er morgen für das Camp kochen könne? Ich behaupte hocherfreut, man habe nur auf ihn gewartet.

19.53 Uhr Anruf von Jana Erlenkamp. Sie habe von dem Projekt gehört und würde gerne „RefugeeMet“ brauen. Ich behaupte, man habe nur auf sie gewartet.

20.09 Uhr Dietmar kommt zum Camp. Er erklärt, er sei unter dem Namen LamaSan ambitionierter Hobbybrauer und habe gerade Maische angesetzt. Es sei doch eine gute Idee, morgen hier einen Biersud anzusetzen. Ich behaupte, man habe nur auf ihn gewartet.

 

Samstag, 14.05.2016

Es befindet sich ein neues Sofa im RefugeeOrigamiCamp. Frank Kirschlager hat ein Sofa gespendet. Uwe Windmeier bringt drei Klappfahrräder für das Flüchtlingsheim.

9.40 Uhr Aufbau des Gasgrills für Bakhary.

10.46 Uhr Aufstellen des Zeltes wegen der schlechten Wetterprognose.

10.52 Uhr Sarah aus Syrien bringt ein Rezept für Fladenbrot zum Camp.

11.00 Uhr Mike Biere bringt den Backofen wie verabredet, erklärt kurz dessen Bedienung und erzählt, dass er einem Geflüchteten aus der Adenauerstraße vor einigen Monaten einen Praktikumsplatz in seiner Bäckerei verschafft hat, der nun aufgrund der guten Erfahrungen und der guten Zusammenarbeit tatsächlich bei ihm eine Ausbildung zum Bäcker beginne. Es entwickelt sich ein sensibles Gespräch die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik und die Flüchtlingspolitik ihrer Regierung betreffend. Gemeinsam vermissen wir ein vollständiges Übertragen der Verantwortung von der politischen Elite auf die Bevölkerung. Von der politischen Klasse werde an der Verantwortung festgehalten, anstatt offen der Gesellschaft und Einzelpersonen die Verantwortung komplett zu übertragen. So entstünden Ohnmacht und Verantwortungslosigkeit bei Personen, die sich sonst aktiver zeigen würden. Die Regierung ermächtige sich damit ausschließlich selbst und niemanden sonst.

12.18 Uhr Erda aus Bielefeld kommt zum Camp. Sie habe im Internet von diesem Projekt erfahren und wolle sich engagieren. Sie könne sich vorstellen, Brot zu backen. Wir holen die gestern gespendeten Zutaten: Mehl, Salz, Gewürze etc.

12.24 Uhr Weitere Zutaten werden zum Camp gebracht. Man versorgt uns mit weiteren 2,5 Kg Mehl und etlichen Hefewürfel.

13.05 Uhr Bakhary kommt zum Camp, er freue sich über die rege Beteiligung und erzählt, er könne heute leider nicht bleiben, da die Mutter seiner beiden Kinder erkrankt sei. Er würde morgen kommen und afrikanisch kochen.

13.38 Uhr Jana Erlenkamp kommt mit einem Met-Braukitt zum Camp, fragt nach einem Gasofen und nach 6 KG Honig, zum Ansetzen des Medsuds. Ich fahre schnell zum nächsten Markt, bezahle von eingegangenen Spendengeldern den Honig, als die Kassiererin viel Erfolg beim RefugeeOrigamiCamp wünscht, sie habe mich in der Zeitung gesehen und sei gerührt von dem Vorhaben. Ich bedanke mich für die guten Wünsche. Wieder im Camp angekommen hat bereits jemand einen 20 Liter Kochtopf zum Ansetzen des Metsuds gespendet.

14.12 Uhr Viele Leute kümmern sich selbständig um das Backen des Fladenbrotes, auch die Bedienung des Ofens scheint kein Problem zu sein. Ebenso viele Leute beteiligen sich am Zubereiten des Brotteigs. Ich freue mich darüber, überflüssig zu sein und bereite mit Pauli und Hassan die große Papierfläche zum Falten eines Riesenpapierschiffes vor.

14.15 Uhr Dietmar kommt zum Theaterplatz. Er habe alles zum Bierbrauen einer „Großen imperialistischen Suppe“ dabei und macht sich sogleich ans Werk. Schnell wird ein Tisch besorgt, Strom für das Erhitzen des Biersuds gelegt und los geht’s.

14.28 Uhr Einige Leute fragen, wann endlich das große Papierschiff gefaltet werde. Ich vertröste sie auf später, bis der Regen aufhört. Als ich kurz in die Stadthalle gehe, höre ich das Gerücht, dass der Bürgermeister Detmolds womöglich Interesse an einer Papierschifffahrt haben könne. Wenn Prinz zu Lippe kein Interesse habe, könne man doch Bürgermeister Rainer Heller fragen, gebe ich zurück.

14.58 Uhr Falten des Riesenpapierschiffes. Mit jedem Faltschritt wird die Gruppe der Beteiligten größer. Sara kennt jeden Faltschritt und weiß immer, was als nächstes zu tun ist. Bernhard hat eine gute Idee beim Auseinanderziehen des Schiffes – ein sensibler Moment, in dem auch schon mal das Papier reißen kann. Es klappt aber problemlos. Schließlich sind viele Kinder begeistert damit beschäftigt, den Schiffsrumpf zu bemalen, während die Erwachsenen versuchen, das fragile Vehikel in Form zu bringen.

16.17 Uhr Es beginnt heftig zu regnen. Eine 20 cm tiefe Pfütze steht im Papierboot. Es scheint dicht zu sein!

17.40 Uhr Bürgermeister Rainer Heller erscheint zum verabredeten Stapellauf. Das schlechte Wetter hat die Anzahl der beteiligten Menschen etwa halbiert. Als wir das Papierschiff zum Schlossteich bringen, schließen sich doch wieder viele an. Manche kommen neu hinzu. Sie hätten von der Idee des untergehenden Bürgermeisters gehört, geben sie schmunzelnd vor.

17.48 Uhr Stapellauf. Alles läuft wie geplant. Allerdings geht Bürgermeister Rainer Heller, nicht wie verabredet mit dem Papierschiff unter. Dafür scheint es zu stabil und wasserdicht zu sein.

18.43 Uhr Das Papierschiff wird nach der Fahrt auf dem Schlossteich neben diesem platziert.

 

Sonntag, 15.05.2016

8.40 Uhr Anruf. Im Gespräch mit Prinz Stephan zur Lippe schlägt dieser vor, eine Gruppe von Flüchtlingen aus der Einrichtung an der Adenauerstraße durch sein Schloss zu führen. Ein Termin müsse noch vereinbart werden. Im Gegenzug wird ihm eine Führung durch das Flüchtlingsheim Adenauerstraße angeboten.

9.20 Uhr Eines der gestern gespendeten Klappfahrräder fehlt…

11.05 Uhr Bakhary kommt mit Freunden zum Camp. Er fragt nach einem weiteren Gaskocher. Der wird schnell von Carsten gebracht, der seine Telefonnummer hinterlassen für den Fall, dass es irgendwo brennt.

12.38 Uhr Die Afrikanische Küche ist eingerichtet. Das RefugeeOrigamiCampDetmold füllt sich zusehens. Die Gäste machen es sich mit ihrem Essen in den Papierhäusern gemütlich, damit es regnen kann.

13.05 Uhr Erda kommt zum Camp, sie möchte weiter syrisches Fladenbrot, heute allerdings in westfälischer Brötchenform backen. Hocherfreut über die interessante Mischung von Menschen unterschiedlichster Herkunft mach sie sich ans Werk.

13.57 Uhr Viele Leute fragen nach Stiften, um die wenigen noch freien Stellen auf und in den Papierhäusern mit politischen Botschaften und anderen Anliegen zu füllen, unter anderem steht auf einem der ganz kleinen Häuser: „God bless everyone, who goes in and out of this house“. Immer wieder sieht man jemanden, der ein Papierhaus auf dem Kopf durch die Stadt trägt.

14.17 Uhr Pedro kommt zum Camp. Er habe früher ein Fahrradgeschäft hier in Detmold gehabt, möglicherweise ließe sich nach dem Camp mal über eine Möglichkeit der Einrichtung einer Reparaturwerkstatt sprechen.

15.32 Uhr Wir beginnen mit dem Falten eines lebensgroßen Papierpanzers, werden immer wieder zu einer Regenpause, die mit afrikanischem Essen und Gunpowder tea gefüllt wird, gezwungen

17.28 Uhr Der Papierpanzer ist fertig. Es versammeln sich schnell Passanten und Flaneure um das Vehikel, als ein Sanitätswagen des roten Kreuzes bittet, mal eben den Papierpanzer weg zu fahren, da man damit die Feuerwehreinfahrt zum Festivalgelände blockiere. Der Panzer wird daraufhin gemeinschaftlich im Schlosspark vor dem Schloss des Prinzen zur Lippe installiert. Jemand dreht den Geschoßlauf weg vom Portal des Schlosses zur Lippe, ein anderer dreht es wieder an die ursprüngliche Stelle.

17.34 Uhr Jemand berichtet von der aktuellen Ausstellung des Künstlers Christoph Brech im Schloss, in der sich zwei Panzer Rohr an Rohr gegenüber stehen. Diese werden nun vom einem Papiertieger bedroht…

 

Montag, 16.05.2016

10.07 Uhr Mir kommt der Gedanke, Hassan mit der Leitung des RefugeeOrigamiCampDetmold zu betrauen…

12.13 Uhr Die Köche aus dem Senegal, Gambia und Kongo treffen ein. Sie bereiten in Windeseile den Gunpowder tea zu. Die Gaskocher werden angeworfen, die Zutaten geschnitten und zubereitet. Viele Altdetmolder nehmen das exotische kulinarische Angebot an und spenden Geld für die Köche. Mich beschleicht zum wiederholten Male das Gefühl, überflüssig zu sein.

12.41 Uhr Erda kommt erneut zum Camp, ernimmt sofort das Zubereiten Fladenbrotteiges. Erneut werde ich nicht gebraucht.

14.38 Uhr Ich stelle dem Kulturteam Detmold als Veranstalter des Festivals „Bildstörung“ Hassan Soleymani als neuen Leiter des RefugeeOrigamiCampDetmold vor. Man gratuliert ihm allseits erfreut, ist aber wenig überrascht, hat Hassan doch bereits durch seinen Einsatz die heimliche Leitung des Camps übernommen.

15.18 Uhr Ich verabschiede mich von Hassan. Jeder bedankt sich beim anderen für dieses so ungewöhnliche wie einfache Gründen einer Gemeinschaft, die weit über das Flüchtlingsheim Adenauerstraße hinaus Menschen mit ange- wie einbezogen hat. Bei uns beiden kullern ein paar Tränen die kuturell, religiös und zivilisatorisch so unterschiedlich geprägten Wangen hinunter …

Sachsenberger Tor

Performance – dauerhafte Installation
Orker Straße, Sachsenberg | 2013

 

Das Sachsenberger Tor wurde von der Bevölkerung Sachsenbergs gemeinschaftlich aus recycelten Ziegeln der lokalen ehemaligen Ziegelei errichtet, um den schönsten Blick auf das nordhessische Dorf zu „rahmen“. Beim partizipatorischen Bau des Monumentes wurden Wasserwaagen, Maurerschnüre und Zollstöcke entwendet, nur so konnte krumm und schief gemauert werden. Noch heute wollen manche Ortsansässige die Skulptur deswegen abreissen lassen, andere schützen das Bauwerk aus diesem Grund…

Das Sachsenberger Tor steht für den Befreiungsakt des kleinen nordhessischen Dorfes Sachsenbergs. Nachdem ich mich in den ersten Wochen nach meiner Ankunft in meiner neuen Heimat Sachsenberg umgeschaut habe, musste ich feststellen, dass die Menschen, die mich gerufen haben, nicht diejenigen sind, die mich brauchen. So haben genau diese handvoll Menschen bei der StiftungLandschafft für ein halbes Jahr „einen Künstler gewonnen“, die die anderen 850 Einwohner des nordhessischen Dorfes bevormunden – Manchmal macht das Beherrschen einiger Fremdworte, manchmal macht ein Doktortitel oder das Herausgeben eines Buches den Unterschied zwischen dem Recht auf Bevormundung und dem auf Entmündigung aus – So sah ich mich mit dem Auftrag ausgestattet, die informelle Hierarchie samt Unterschieden zwischen den selbsternannten Herrschern und dem Volk Sachsenbergs zu bestätigen, zu vergrößern und die Macht der Meinungsführer weiter ausbauen. Das geht natürlich nicht. So kam es schließlich zu unterschiedlichsten Übungen zur Ermächtigung der lokalen Bevölkerung: Von einer Postwurfsendung zur basisdemokratischen Abstimmung über „ein Kunstwerk für Sachsenberg“ zu für die selbsternannte Oberschicht Sachsenbergs anstößigen Skulpturen, die mehrfach umgebaut, zerstört und abgetragen wurden, wie zu Schreikursen zum Umschreien unliebsamer Nachbarn und zum Sachsenberger Tor, dem Symbol zur Befreiung Sachsenbergs von seinen, den größten Teil der Bevölkerung bevormundenden Schreihälsen.

Dokumentionen von „Kunst fürs Dorf/Dörfer für Kunst“, produziert von ARTE:

https://www.dailymotion.com/video/x7n05dk

https://www.dailymotion.com/video/x7n08vl

https://www.dailymotion.com/video/x7n0cu2

https://www.dailymotion.com/video/x7n03c5

https://www.dailymotion.com/video/x7n2bnk

https://www.dailymotion.com/video/x7n2bni

HOrigamiUSE

Performance – Installation
Kunst am Moltkeplatz, Moltkeplatz, Essen | 2014

 

Am 22.06.2013 wurde auf dem Essener Moltkeplatz in Anlehnung an die besondere architektonische wie städtebauliche Bedeutung des gleichnamigen Viertels das lebensgroße Papierhaus „HOrigamiUSE“ von Nachbarn, Anwohnern des Skulpturenparks und Mitgliedern des Vereins Kunst am Moltkeplatz e.V., der sich um die permanent installierten Skulpturen des Parks kümmert, gemeinschaftlich aus Karton gefaltet. Die fragile und ephemere Objekt stand ein Jahr lang im Dialog mit den permanent im Skulpturenpark platzierten Skulpturen von Künstlern wie Ulrich Rückriehm, Heinz Breloh u. a., wurde mit der Fertigstellung der Öffentlichkeit übergeben und damit allen äußeren Umständen überlassen. Mit dem Einsetzen der Verwitterung des Papiers und den Spuren von Passanten und Flaneuren entstand ein exemplarischer und am HOrigamiUSE öffentlich ablesbarer Dialog zwischen der Position der Konservierung und Instandsetzung des lebensgroßen Papierhauses und einer dem Material Papier angemessenen öffentlichen Veranschaulichung von Alterungsprozessen und Vergänglichkeit …

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500 x 354 x 426 cm, Karton, Juni 2013 – Mai 2014

 

HOrigamiUSE, 132 Seiten, 14,8 x 21 cm

Herausgeber: Kunst am Moltkeplatz KaM e.V. 

Texte: Dr. Sabine Maria Schmidt, Lisa Lambrecht-Wagenitz, Frank Bölter

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Weg der pol. Verfehlungen, der pers. Bereicherungen und des Machtmissbrauchs

Performance – temporäre Installation
DST-Galerie, Atelierhaus Münster | 2011

 

Nachdem das Straßenschild „Weg der pol. Verfehlungen, der pers. Bereicherungen und des Machtmissbrauchs“ am Sonntag, den 18.12.2011 installiert wurde, ging das Eigentum an diesem Objekt per Schenkungsurkunde über auf den Bürgermeister der Stadt Münster:
SchenkungOberbürgermeisterStadtMünster
Nachdem diverse Zeitungen über das längste Straßenschild der Welt berichtet hatten, zahlreiche Besucher nach Münster reisten, um sich vor und mit diesem fotografieren zu lassen, wurde das Kunstwerk am 17.01.2012 von unbekannt entwendet. Gerüchten zufolge soll sich der „Weg der pol. Verfehlungen, der pers. Bereicherungen und des Machtmissbrauchs“ im Partykeller des Oberbürgermeisters der Stadt Münster, Herrn Markus Lewe, befinden.

 

 

Nimm die Abkürzung!

That‘s the way, aha, aha, I like it

KC and the Sunshine Band

 

Vereinfachend spricht der Volksmund von jeder Namensgebungszeremonie als von einer Taufe; wir wollen nicht abseits stehen und schließen uns dem Sprachgebrauch an, gratulieren also dem kurzen Stück Weg, das unweit des wassergefüllten Grabens rings des Schloßparks von der Münsterschen Hüfferstraße abzweigt, zur Taufe und dem Paten, Frank Bölter, zur Namensfindung. Fürderhin soll dieser erst gepflasterte, dann im Sande verlaufende Fußweg also heißen:

„Weg der pol. Verfehlungen, der pers. Bereicherungen und des Machtmissbrauchs“

So steht es auf dem am 4. Adventssonntag des Jahres 2011 feierlich errichteten Straßenschild.

Das in jedweder Hinsicht äußerst bemerkenswert ist.

Was als erstes auffällt: Der Pfosten steckt nicht senkrecht im Boden, sondern ist kräftig zur Seite geneigt. Dadurch weist das ganz korrekt in rechten Winkel dazu angebrachte Namensschild steil nach oben. Man ist geneigt, das reflexartig inhaltlich zu deuten, dass nämlich die Wege nach oben, insbesondere die ganz steilen Karrieren, mit dem Straßennamen auffallende Kongruenzen besitzen.

Das Raffinierte daran ist natürlich, dass die Betrachtung des Schildes von der anderen Seite – wiewohl sie durch die Positionierung so dicht vor der Hauswand rein imaginär bleiben muß – die umgekehrte Erkenntnis mit sich bringt. Der steile Abstieg ist also vorprogrammiert, wenn auch zunächst nicht sichtbar.

Aber auch auf der formalen Ebene ist diese seitliche Neigung des haltenden Pfostens von Belang: Sie stellt nicht nur statisch, sondern auch optisch ein Gleichgewicht her zur enormen Längenausdehnung des Straßenschildes: Trotz der verwendeten Abkürzungen erreicht es das stolze Maß von 2,40 Metern.

Dass das scheinbar zufällige Resultat, sowohl der gekippten Positionierung als auch des nur mit Mühe und Not auf das Schild gezwängten Bandwurmnamens, Ergebnis sorgfältiger Planung ist, belegen des Künstlers Vorstudien in Photomontagen und aquarellierten Zeichnungen.

Die Abkürzungen auf dem Straßenschild kann man zwar mutwillig missdeuten, aber   eigentlich liest sie in diesem Zusammenhang jeder sofort richtig. Was offenbleibt, ist, an was oder wen man dabei denkt. Klar jedoch auch, dass sich der Mittelteil des Namens, also die „persönliche Bereicherung“, auf alle möglichen Menschen, Teil eins und drei des Namens aber ausschließlich auf die Würdenträger der politischen Kaste beziehen lassen. Alle Jahre wieder ein paar neue.

Politische Verfehlungen und Machtmissbrauch sind in der Regel genau die richtigen Methoden, um seinen Namen auf Straßenschilder einschreiben zu dürfen. Denn die Geschichtsschreibung ist schon immer die der Sieger gewesen und sie spiegelt sich in der Benennung von Straßen und Plätzen; da die Namensgebung aber auch von der aktuellen politischen Großwetterlage abhängt (also der jeweils gegenwärtigen Bewertung der geschriebenen Geschichte) und bekanntermaßen nichts so unvorhersehbar ist wie das Wetter, ändern sich diese Benennungen auch von Zeit zu Zeit.

Gerade Münster hat mit seinem riesigen Areal des Schloßvorplatzes, der auf den Namen „Hindenburgplatz“ hört, ein Paradebeispiel hierfür. Denn erst vor kurzem wurde eine Kommission berufen, die untersuchen sollte, ob der immer wieder gerne als „Steigbügelhalter Hitlers“ apostrophierte Generalfeldmarschall und Reichspräsident Hindenburg als Namensgeber eines Platzes nach 1945 überhaupt noch tragbar sei. Oder ob er nicht endlich umgetauft gehört. Die Kommission kam zu letzterem Ergebnis. Aber noch zu keinem neuen Namen.

Nicht zuletzt das ist ja eine der herausragenden Qualitäten von Frank Bölters Straßenschild: Es könnte viel länger Bestand haben als die meisten anderen, deren man sich ganz schnell wieder so sehr schämt, dass sie eilends umbenannt werden (spätestens nach dem nächsten Kriegsende).

Der „Weg der pol. Verfehlungen, der pers. Bereicherungen und des Machtmissbrauchs“ wird bleiben. Dass der Name einen solch mickrigen, man könnte auch sagen: idyllischen Weg bezeichnet, schmal, gepflastert und wiesengesäumt, bevor er durch ein schmiedeeisernes Tor in ein Parkgelände führt, paßt nicht so recht. Eigentlich müßte, der Länge des Schildes und der Gewichtigkeit seiner Aussage entsprechend, mindestens eine vierspurige Prachtallee so benannt sein. Aber alle haben einmal klein angefangen, auch die Hitlerstraßen und Hindenburgplätze.

Dennoch bleibt natürlich die Frage: Bedarf ein solches Schild nicht unbedingt einer behördlichen Genehmigung? Ist das erlaubt, so öffentlich und unverblümt ein Mahnmal aufzustellen, das sich als harmloses Straßenschild tarnt? Das hinterrücks jeden harmlosen Passanten zum wiedererkennenden Kopfnicken oder Kopfschütteln, zu hämischem Lachen oder tiefem Nachdenken veranlassen wird?

Ein großes Kunstereignis, wie die Einweihung von Frank Bölters „Weg der pol. Verfehlungen, der pers. Bereicherungen und des Machtmissbrauchs“ eines war, hat am vierten Adventssonntag in der Provinzmetropole Münster naturgemäß einen überschaubaren Zuschauerkreis. Es fehlten jedoch auch die eigentlich notwendigen, unausgesprochen eingeladenen Festredner, die zu diesem besonderen Zeitpunkt des Jahres 2011 unbedingt Christian Wulff und Dr. plag. Karl-Theodor zu Guttenberg hätten sein müssen, die aber ebenso plötzlich wie vorhersehbar leider verhindert waren.

Aber wenn Frank Bölters Idee sich erst einmal durchsetzt (und auf lange Sicht wird sie das ob ihrer Qualität sicher tun), dann kommen besagte Herren bestimmt gerne doch noch einmal zur nächsten festlichen Straßentaufe oder zur Umbenennung der Stalin-, ach nein, der Frankfurter Allee nach Berlin – mit entsprechend viel Schampus und Pressefotografen im Gefolge. Wahrscheinlich werden dazu weder der Künstler noch ich eingeladen. Wir freuen uns trotzdem darauf.

 

Stephan Trescher

Limes Tower Bad Ems/ Limesturm Bad Ems

Performance – Installation
Kurpark, Bad Ems | 2011

 

2011, Pappe/cardboard, 11,5 x 5,5 x 5,5 m

Im August 2011 wurde im Kurpark in Bad Ems von Hartz IV-Empfängern gemeinschaftlich eine Kopie eines römischen Limesturmes, des lokalen Wahrzeichens wie UNESCO-Welterbes aus Pappe gebaut. Der Limesturm Bad Ems diente wie andere Wahrzeichen, Denkmäler und den öffentlichen Raum bestimmende Setzungen für 2 Monate lokalen Hochzeitspaaren und Limes-Touristen als Anlaufstelle und Fotohintergrund wie Limesvereinen als Treffpunkt.

FORigamiMEL 1/FORigamiMULAR 1

Performance – Installation
Kunsthalle Mainz | 2012
Schloss Morsbroich, Leverkusen | 2013
Schlossmediale Schloss Werdenberg, Schweiz | 2019

 

Als Michael Schumacher am 03.08.2012 einen Brief mit der Bitte um Kooperation zur Faltung eines Origami-Boliden nach Konstruktionsplänen seines letzten Formel 1-Modells erhielt, erklärte dieser daraufhin Anfang Oktober 2012 seinen Rücktritt von der Formel 1. Dennoch erklärte er sich bereit, gemeinsam mit mir das langsamste Formular 1-racecar aus Rettungsdecken zu falten. Dieses Objekt wurde daraufhin in der Kunsthalle Mainz, auf dem Parkplatz des Direktors des Museums Schloss Morsbroich, im Künstlerdorf Schöppingen und im Kunstmuseum Bonn präsentiert.


Boxenstopp im Museum Schloss Werdenberg/pit stops in Museum Schloss Werdenberg, 2019, Switzerland

https://www.youtube.com/watch?v=iLZTEm8JcKk

PlaygroundMARSEILLE

Performance – Temporäre Installation
Lieux public, Marseille | 2016

 

Es war der 11. September 2016, als die Festivalbesucher des Festivals Travellings in Marseille die Anweisungen des Künstlers, lebensgroße Papierflieger zum 15. Jahrestag von 9/11 in riesige Origamitürme fliegen zu lassen, ignorierten. Das Publikum entschied sich stattdessen, lieber Himmel und Hölle, Schiffe, Autos und ein Swimming Pool als Symbole des friedlichen urbanen Zusammenlebens zu falten. Sie brachten eigene Vorstellungen und Origami-Faltanleitungen in lebensgroße Modelle, die Handlungsanweisungen des Künstlers permanent missachtend. Nur eine Gruppe von Origamisachverständigen Besuchern faltete am Ende des Festivals einen lebensgroßen Papierpanzer, um den Künstler damit in die Flucht zu jagen…

 

yoUFO

Temporäre Installation – Performance
Ausstellungsraum Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft, Bonn | 2016

 

Anlässlich der Buchpräsentation „Über die Teilhabe in der Kunst – zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ landete am 10. März 2016 um 18 Uhr im Gesellschaftsraum der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft ein Ufo.

Über die Teilhabe in der Kunst

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft (Hg.)
Bonn, 2016
136 S.
ISBN 978-3-00-052296-3
mit Beiträgen von Ruth Gilberger, Gabriele Oberreuter, Isabel Rith-Magni, Thomas Egelkamp, Guido Meinke und Volker Pohlüke, Olek Witt, Teresa Grünhage, Dorothea Eitel, Reinigungsgesellschaft, Susanne Bosch, Rolf Dennemann, Angela Ljiljanic, André Koernig, Michaela Englert, Amanda Bailey, Anneliese Ostertag, Aude Bertrand, Anne-Katrin Bicher, Gerhard Wolf und Frank Bölter

flyingsaucer
diagram by John Szinger

Unsern täglichen Biersud gib uns heute

Performance, Edition, kleiner Borsigplatz, Dortmund | 2014/2015
 
„Unsern täglichen Biersud gib uns heute ist eine illegale Bierbrauaktion zur Herstellung von ‚Dortmunder Schwarzbräu Premium – Selbstgebraut‘ zur Wiedererlangung von an die Droge Alkohol abgetretener Verantwortung über die eigene Person“

 
Tagebucheintrag Notiz 37:
Als am Samstag, den 01.03.2015 um 9.17 Uhr mit Volker, Guido und André die nötigen 30 Liter Wasser, zwei Hocker und das Braurezept auf dem kleinen Borsigplatz eintreffen, die zwei Braubottiche und der Gasbrenner aufgestellt und in präsentabler Manier zentral auf dem Platz platziert sind, fallen die ersten Sonnenstrahlen aus heiterem Himmel aus allen Wolken. Als dann auch noch Orhan auftaucht, scheint der Tag einen perfekten Verlauf zu nehmen:
Orhan: Ich bin gekommen, um mich zu beschweren.
Frank: Aha?
Orhan: Ich war letzte Woche schon mal beim Verein Machbarschaft Borsig11, da waren Sie aber nicht da. Die haben gesagt, ich soll heute wieder kommen, da könnte ich mich direkt an Sie wenden.
Frank: Ja?
Orhan: Ich habe vor einigen Tagen dieses Plakat hier gesehen und frage mich, wie kann man bloß diesen Leuten hier eine solche Aktion zumuten? Das ist doch zynisch.
Frank: Meinen Sie das Selberbrauen?
Orhan: Ja, wissen Sie denn, wo genau wir hier sind?
Frank: Ziemlich genau. Ich habe da drüben bis vor einigen Wochen gewohnt.
Orhan: Ich wohne auch da drüben die Straße rein.
Frank: Wie schön, dann waren wir ja fast Nachbarn.
Orhan: Ja, aber ich bin ja wegen der Beschwerde hier. Meine Frau war übrigens der gleichen Meinung. Sie arbeitet in der Suchthilfe.
Frank: Welcher Meinung nochmal?
Orhan: Das man so eine Aktion hier auf keinen Fall machen darf.
Frank: Aber warum denn nicht?
Orhan: Weil das völlig falsch ist.
Frank: Was genau?
Orhan: Hier auf dem kleinen Borsigplatz trinken so viele Alkoholiker den ganzen Tag lang ihr Bier. Die liegen dann hier manchmal sogar auf der Erde rum. Da fragen Sie sich, ob die noch leben. Das ist doch tragisch genug. Wissen Sie, wieviel Tragik dahinter steckt? Hinter jedem einzelnen, der hier den ganzen Tag rumsitzt und säuft, stecken Suchtkrankenakten, kaputte Familiengeschichten, gescheiterte Laufbahnen und Offenbarungseide. Und jetzt kommen Sie und wollen denen zeigen, wie man selber Bier braut.
Frank: Genau.
Orhan: Warum denn?
Frank: Ich sehe keinen Unterschied zwischen den Borsigplatz-Leuten und mir. Außer dass ich mich vielleicht mehr fürs Selbermachen interessiere. Also habe ich die Zutaten und ein paar Pötte besorgt und habe ein paar Plakate aufgehängt. Ich hätte auch eine Frage, warum machen Sie das eigentlich nicht? Hier halten Sie kurz die Gerste, ich muss eben …
Orhan: Ich bin hier Lokalpolitiker und habe genug zu tun.
Frank: Ach so!
Orhan: Ja. Und als Politiker muss ich ihnen auch sagen, also so eine Aktion. Ich bin schon jetzt seit Tagen dermaßen wütend und bin froh, dass ich das jetzt loswerden kann. Und meine Frau ist der gleichen Meinung. Ich muss schon sagen, wir haben uns wirklich sehr gewundert über so eine Aktion.
Frank: Hm. Wunder ist schon die passende Bezeichnung für das, was hier stattfindet, würde ich sagen. Aber sagen Sie mal, als Lokalpolitiker suchen Sie doch bestimmt den Kontakt zu den Leuten, damit Sie Gelegenheit bekommen, überhaupt bemerken zu können, was die Leute so umtreibt?
Orhan: Ja, das ist total wichtig. Sonst sind Sie da im falschen Beruf.
Frank: Sind Sie eigentlich nur wegen dieser Aktion heute hier auf den kleinen Borsigplatz gekommen?
Orhan: Ja, ich mache sonst immer einen großen Bogen um diesen Platz.
Frank: Sehen Sie, genau dafür mache ich diese Aktion.
Orhan: Wie meinen Sie das?
Frank: Damit Sie hier mal hinkommen. Genau Sie.
Orhan: Ich. Wieso?
Frank: Meine Aufgabe ist es, Leute zusammenzubringen, die sich sonst niemals begegnen würden. Ich versuche, Situationen wie diese, des gemeinschaftlichen Bierbrauens, zu schaffen, wo Leute zusammenkommen können, die sich sonst eher aus dem Weg gehen. Kommen Sie, ich stelle ihnen mal die Hansa-Export-Truppe da hinten vor.
Orhan: Moment mal. Wissen Sie, auf diesem Plakat, da sind ja zwei Trinker abgebildet. Das ist doch die pure Lust am Saufen, die Sie da abbilden. Da vermitteln Sie doch etwas ganz anderes. Damit erreichen Sie doch nicht die Leute, und mich schon gar nicht.
Frank: Täusche ich mich, oder sind Sie gerade hier?
Orhan: Äh… Ja, stimmt schon, aber…. Meine Frau kommt übrigens auch gerade. Hallo!
Frank: Hallo.
Frau: Hallo.
Orhan: Wir sprechen gerade darüber.
Frau: Ja.
Orhan: Dieser Mann ist der Veranstalter des Bierbrauens.
Frau: Ja. Und was haben Sie sich dabei gedacht?
Frank: Dass man ein Stück weit die an die Sucht abgegebene Verantwortung für die eigenen Person durch die beim Selberbrauen gewonnene Portion Selbstermächtigung zurück gewinnt.
Frau: Aha,… sehr konfrontationstherapeutisch gedacht.
Frank: Sie blicken dem Feind ins Auge.
Frau: Ja.
Frank: Ja.
Frau: Ja.
Frank: Ja.
Frau: Ich hole mal Zigaretten.
Orhan: Ich sehe das Plakat ja immer noch als Aufruf zum Trinken, und weiter nichts.
Frank: Aber wir trinken ja nicht. Wir brauen. Wir sind die einzige Gruppe hier auf dem Borsigplatz, die nicht trinkt.
Orhan: Ja, aber wenn Sie das Plakat betrachten, dann fühlen Sie sich doch zum Trinken ermutigt.
Frank: Ich fühle mich zunächst mal zum Schmunzeln ermutigt.
Orhan: Aber auch durch die Aktion bringen Sie den Leuten den Alkohol nahe.
Frank: Beim Brauen entsteht noch kein Alkohol, erstmal bringe ich den Leuten eine Zuckerlösung nahe. Ist natürlich auch nicht gesund.
Orhan: Aber Sie werben für das freie Trinken.
Frank: Durch das Selberbrauen? Das ist ja erst mal ziemlich unfrei, weil Sie was tun müssen.
Orhan: Ich glaube nicht, dass Ihr Vorhaben funktioniert, die Leute vom Alkohol weg zu bringen, indem Sie ihnen zeigen, wie schön das Selbermachen ist.
Frank: Warum nicht?
Orhan: Kann ich mir einfach nicht vorstellen.
Frank: Da haben Sie etwas mit dem Leiter einer Suchtberatungsstelle in Dortmund gemeinsam. Der konnte sich das auch nicht vorstellen.
Orhan: Sehen Sie!
Frank: Naja, der glaubt das auch nicht – er weiß es aber genauso wenig wie Sie und ich. Er sagt, als Mensch könne er diese Herangehensweise verstehen, durchaus sogar unterstützen. Allerdings als Politiker, der er in seiner Position als Leiter der Suchtberatung auch sein müsse, könne er das nicht unterstützen.
Orhan: Ach so.
Frank: Und genau deswegen gibt’s mich. Ich mache das dann für ihn und für Sie. Als Künstler hat man den schlechten Ruf ja schon verloren, bevor Sie den überhaupt angehängt bekommen. Da lebt es sich bekanntermaßen ganz ungeniert. Dann können Sie auch solche Aktionen machen. Ich betrachte das übrigens als praktische Politik. Ich finde nämlich heraus, ob es nicht doch geht, anstatt zu glauben, es ginge nicht.
Orhan: Ich habe ja den Verdacht, dass es Ihnen nur um die Publicity geht und nichts weiter. Sie benutzen die Schicksale der Schwachen für Ihren persönlichen Gewinn.
Frank: Persönlicher Gewinn? Wenn ich an Publicity interessiert wäre, hätte ich diese Aktion viel größer beworben. Die Presse kommt übrigens auch nicht. Es hängen ausschließlich hier auf dem Platz Plakate, wie Sie vielleicht gesehen haben. Das heißt, ich bin nur an den Leuten hier selbst interessiert und mache mir sogar die Mühe, bei den Adressaten der Aktion ins Wohnzimmer zu klettern. Genau da befinden wir uns nämlich hier. Außerdem bezahle ich diese Aktion selbst bzw. mit Mitteln des Vereins Machbarschaft Borsig11, muss hier den ganzen Tag rumstehen, und bekomme keinen Cent dafür. Dazu kommen noch allerlei interessante Gespräche wie dieses hier. Das meine ich übrigens ernst. Mir gefällt, dass Sie öffentlich aussprechen, was so mancher denkt.
Orhan: Ich muss sagen, diese Aktion ist für mich ein bisschen zu weit links.
Frank: Für welche Partei engagieren Sie sich noch gleich.
Orhan: Die Linke.
Frank: Alles Gute.

Als das Wasser vom Gasbrenner endlich auf 55 °C Wasser erhitzt ist, betritt endlich Braumeisterin Jana Erlenkamp den kleinen Borsigplatz und kann die geschrotete Gerste in das Wasser einrühren, bevor Wolfgang auftauchen und behaupten kann, im Knast habe er siebeneinhalb Jahre lang auch immer Bier selber gebraut. Er habe zuhause noch das Rezept. Man fragt nach der Möglichkeit, nach seinem Rezept und unter seiner Anleitung gemeinschaftlich das Dortmunder „Knast-Bier-vom Borsigplatz“ zu brauen. Er zeigt sich einverstanden und verspricht, das Rezept vorbeizubringen.
Als der Biersud 70 °C erreicht hat, erscheint Klaus und behauptet, von dieser Aktion des „Dortmunder Schwarzbräu – Selber Brauens“ noch nichts gehört zu haben, allerdings wohne seine Tochter um die Ecke. „Ach?“, staunt Guido Meinke vom Verein Borsig11, um umgehend mit den einladenden Worten: „Dann kannste ja mitbrauen“, zum Mitbrauen einzuladen. Möglicherweise seine Tochter auch?, versucht Guido Meincke mit Geschicklichkeit den Kreis der Brautümler zu vergrößern. „Die mag kein Bier“, stellt Klaus heraus, um sich als Maler und Schauspieler für verschiedene Projekte und Kooperationen ins Gespräch zu bringen. Wir danken für die Information, buchen ihn direkt für die Teilnahme am Bierbrauen und reichen ihm den Braulöffel zum Umrühren des Biersuds. Er beginnt umgehend. Von der Bank gegenüber schallt in leicht bierseliger Manier die Frage: „Wie sieht deine Tochter denn aus?“ an die ungläubigen Ohren der um den heiligen Braualtar versammelten Gemeinde.
Als um 10.27 Uhr Katja und Matthes die Braubühne Borsigplatz betreten, scheint sich jemand aus einer Gruppe Hansa Export trinkender Männer daran zu erinnern, dass Katja und Matthes beim letztmaligen Bierbrauen Brötchen, Griebenschmalz und Butter mitbrachten und macht lauthals seinem Glauben an eine baldige Speisung mit den Worten: „Gleich gibt’s watt zu Essen!“ Luft.
„Erst später“, antwortet Matthes, bevor Unbekannt erwidert: „Später bin ich vielleicht schon tot“. „Das kommt davon, wenn man sein Bier nicht selber braut!“, bricht es aus dem ehemaligen und überraschend unbekümmert den Borsigplatz betretenden Grundschulkameraden des Künstlers, Jürgen Rump heraus. „Ein Wunder“, behauptet der Künstler, der vorgibt, seinen ehemaligen Schulkameraden seit jener Zeit nicht mehr gesehen zu haben. Jürgen Rump zeigt zum Beweis seiner Existenz seinen Ausweis und behauptet als Bauingenieur in der Gegend gerade eine Baustelle zu betreuen. Von der Bau- sei es ja nicht weit zur Braustelle, erklärt dieser, was dem soeben Erschienenen einen großen Lacherfolg beschert. Er wolle also sein Pausenbier hier abholen, fragt Matthes, um sogleich darauf hinzuweisen, dass hier ja nur gebraut und nicht getrunken werde.
Endlich fährt das Ordnungsamt in seinem polizeifarbenen Sprintermodell mit zwei uniformierten Beamten nicht vor, sondern im Schritttempo zweimal um den Borsigplatz herum und in die Wambeler Straße abbiegend langsam am Epizentrum der Weltverbesserungs- und Bekehrungsmaßnahmen, an dem kleinen Borsigplatz vorbei. „Da haben wir ja mal Glück gehabt!“, behauptet jemand der um den heißen Biersud Versammelten. „Warum?“, fragt Vorbrauerin Jana: „Wir brauen doch nur.“ Außerdem sei es schließlich eine Kunstaktion, da sei doch zunächst mal alles erlaubt. Zudem würde man doch brauen – und nicht trinken. „Da haben WIR ja mal Glück gehabt!“, wird von der Gruppe Hansa-Export-Gläubiger mutmaßend korrigiert. Nach diesem Moment größter Erleichterung betreten plötzlich zwei uniformierte Ordnungsbeamte den Bierbrauplatz. Der mit der größten Knasterfahrung und mit einem Ausweis gesegnete Wolfgang zückt diesen reflexartig, um von den staatlichen Autoritäten stehen gelassen und übergangen zu werden.
Ordnungsamt: Was machen Sie hier?
Klaus: Bier.
Ordnungsamt: Warum?
Klaus: Ist billiger.
Frank: Stimmt nicht. Hansa Export gibt’s da drüben im Kiosk für 32 Cent. Das schaffen wir leider nicht. Hier auf der Rechnung stehen 36, 28 €, wenn man die Lieferkosten von 5,10 € noch dazu nimmt und alles durch die 30 Liter Bier teilt, die es mal werden sollen, kommen wir auf 1,38 € pro Liter. Das sind 46 Cent für 0,3 Liter Bier gegenüber den 32 Cent des Hansa Export. Ich habe aber schon bei der Hansa Brauerei angerufen und nach deren Rezept gefragt, damit wir hier demnächst…
Ordnungsamt: Leiten Sie diese Aktion hier?
Frank: Ich habe die Plakate aufgehängt, um zu dieser Aktion hier einzuladen.
Ordnungsamt: Wie heißen Sie?
Frank: Frank.
Ordnungsamt: Nachname?
Frank: Bölter, aber Sie können mich ruhig duzen.
Ordnungsamt: Haben Sie einen Ausweis dabei?
Frank: Den habe ich in Sri Lanka im Hotel abgeben müssen, da wir auch Bier ge….
Ordnungsamt: Ist jetzt nicht so wichtig. Können Sie sich irgendwie ausweisen.
Frank: Nein. Sie?
Ordnungsamt: Wir haben hier unsere Dienstausweise.
Frank: Ich habe hier meinen Arbeitsvertrag. Ich arbeite für den Verein Machbarschaft Borsig11, der diverse Kunstaktionen hier im Viertel zum Wiedererwecken des entschlafenen Nachbarschaftsgeistes unternimmt. In diesem Rahmen ist das Bierbrauen eine Aktion. Wie finden Sie die Plakate, die ich aufgehängt habe? Eine andere Aktion machen wir nächste Wo…
Ordnungsamt: Trinken Sie denn auch Bier während dieser Aktion?
Frank: Nein. Wir brauen nur. Getrunken wird gerade dahinten auf der Bank. Die haben aber mit dieser Aktion hier nichts zu tun. Aber sagen Sie mal, auf dem Borsigplatz wird doch seit über 50 Jahren Bier getrunken. Da kommt das Ordnungsamt doch sonst auch nicht zu Besuch. Warum sind Sie denn ausgerechnet heute hier?
Ordnungsamt: Weil zum ersten Mal jemand angekündigt hat, dass er hier Bier trinken will.
Frank: ☺
Ordnungsamt: Können Sie hier bitte mal Ihre Adresse und Ihre Telefonnummer eintragen. Auf Wiedersehen, wir überprüfen das dann mal.
Volker Pohlüke vom Verein Machbarschaft Borsig11 entgleist mit der Bemerkung, dass man vor lauter interessanten Besuchern gar nicht zur eigentlichen Aufgabe der regionalen Versorgung mit illegalen Kunstaktionen komme. Guido Meinke gleich mit, indem er seine unangebrachte Hoffnung, mit einer Anzeige vom Ordnungsamt viel Publicity erzeugen zu können, in unangemessene Worte kleidet. In diesem Moment brennt der Biersud an und kann nur mühsam rührend vor weiteren Folgeschäden und Anbrennaromen bewahrt werden.
Da kommt Elena zum Borsigplatz und fragt interessiert nach unserer Tätigkeit des unorthodoxen Rumlungerns und seinen Beweggründen. Ihr wird kurzerhand die konsumkritische und gemeinsinnstiftende Bedeutung des Selberbrauens in Zeiten des Massenkonsums, der industriellen Massenproduktion und des Umweltkollapses auf zentralen Plätzen dieser unbewussten Menschenmassensteuerung erklärt.
Sie zählt kurzerhand, dass offenbar lokal nur acht Personen zu dieser weltanschaulichen Weltbewegung bereit wären, um schließlich festzustellen, dass es sich trotzdem lohnen würde, auch wenn die Aktion 200.000,- € koste, da es sich dabei schließlich um eine fundamentale Veränderung im Bewusstsein des Menschen, im Selbstverständnis, und eben nicht nur auf der Handlungsebene, handeln würde. Der Grundschulkollege Jürgen Rump macht die abschließende Abrechnung mit allem auf und behauptet: „Wenn die Veränderung des Bewusstseins von acht Menschen 200.000,- € kostet bei einer Bevölkerungszahl von knapp 55.000 Menschen in der Dortmunder Nordstadt, würde die Bewusstseinsveränderung der gesamten Dortmunder Nordstadt exakt 11 Milliarden € kosten. Das entspräche doch exakt dem Betrag der EU-Finanzspritzen, die Griechenland in den letzten Jahren erhalten habe. Da könne man doch besser die Dortmunder Nordstadt verändern als Griechenland, so der ehemalige Grundschüler Rump in seiner mehr als anschaulichen Analyse. Elena beendet diesen völlig wirklichkeitsnahen und deswegen komplett uninteressanten Dialog mit der erbosten Bemerkung: „Ich bin Griechin!“.

Rezept Dortmunder Schwarzbräu Premium – Selber Brauen:
Zutaten für 27-28 Liter
Malz
5,5 kg Malz
0,65 kg Dortmunder Malz Typ I
0,21 kg Röstmalz Typ II
Hopfen
Bitterhopfen 15%
12 gr Northern Brewer
18 gr Tettnanger 4,4 % Ako
12 gr Tettnanger MA Hopfen
Hefe
11,5 gr Hefe W3470
Wasser
25 l Hauptguss
15 l Nachguss

DortmunderSchwarzbräuPremiumPlakat

Wir sind das Brot

Performance – Temporäre Installation
Ausstellungsraum St. Paul-Kirche und DG-Galerie, München | 2015

– Eine Achtsamkeitsübung gegenüber Lebensmitteln, unserer Umwelt, der Gemeinschaft und uns selbst –

DieGabeModellsw
 

Innerhalb eines workshops in der St. Paul-Kirche in München wurden von Kindern und Jugendlichen des Viertels gemeinschaftlich 2 überlebensgroße Brote aus Papier gefaltet und in einer „Prozession“ von der St. Paul-Kirche ausgehend durch die Ludwigsvorstadt über die Theresienwiese getragen, um anschließend in der St. Paul-Kirche ab- und zusammen mit einer Videodokumentation der Gemeinschaftsaktion im Rahmen der Ausstellung „Die Gabe“ ausgestellt zu werden.

 

 


 


 


 

Wir sind das Brot, 2015, Papier, je 720 x 150 x 140 cm, St. Paul München

To the world´s End

Performance – Temporäre Installation
Hikkaduwa und Colombo, Sri Lanka | 2015
Hastings, GB | 2014
Galoshan’s, Grennock, Scottland | 2016

 

(…) Als ich am 14.01.2015 in Sri Lanka mit meinem Papierschiff in einem Haufen Plastikmüll an den Strand gespült wurde, musste ich mir überlegen wie die Reise weitergehen sollte. An einem Strand, der inzwischen den westlichen Surfern gehört, die dort ihre Wintermonate auf einem Surfbrett verbringen, trifft man nur in den frühen Morgenstunden auf die Fischer, denen der Strand wohl ursprünglich gehörte. So saß ich jeden morgen ab 4.30 Uhr in der Fischerhütte und versuchte den Fischern mit Händen und Füßen und einem kleinen Modell eines Papierschiffes zu erklären, dass sie mir helfen müssen, ein weiteres Papierschiff zu falten, damit ich meine Rückreise nach Deutschland antreten könne. Am 4. Tag holten sie endlich einen Cousin von Babbi, einem der Fischer von Hikkaduwa, der ein bisschen english spricht. Nach weiteren 3 Tagen in der Fischerhütte erklärten sie sich bereit, mir zu helfen. So falteten wir am nächsten Sonntag gemeinsam mit Fischern und Surfern ein 9 m langes Papierschiff. Die Fischer sorgten sich gemeinsam mit den Surfern um die Stabilität des fragilen Vehikels. Damit das Schiff die 8 m hohen Wellen am Strand von Hikkaduwa übersteht, schickten sie einen von ihnen in den Dschungel, um Bambusstäbe zu schlagen, die anschließend in die Bordwände eingefaltet wurden. Jemand anderes brachte Styropor zu Stabilisierung des Bodens. Ein Dritter besorgte ein paar Latten und Sisalseile, um ein Gerüst in die Faltungen einzuschlagen. So konnte die Reise weitergehen (…)

 

 

Refugee Origami Camp Brussels

Performance – Temporäre Installation
Place du Beguinage/le petit Château | Festival Signal, Cifas Institut und Festival Kanal, KAAI-Theater, Brüssel | 2014

 

Belgrade Wall

Performance – temporäre Installation
Trg Republike (Platz der Republik), Belgrad | 2009

 

Zum 20-jährigen Jubiläum des Mauerfalls in Berlin wurde Belgrad durch eine „über Nacht“ erstellte, monumentale Pappkopie des eisernen Vorhangs auf dem Platz der Republik in Belgrads geteilt. Der Grenzwall, der den nördlichen Teil der Stadt entlang der Mauerachse vom südlichen Teil isolierte, wurde von Bürgern der Stadt aus faltbaren Pappziegeln und Leim errichtet – andere Bürger beteiligten sich, indem sie die Mauer wieder abbauten, Material entwendeten oder anderweitig zu verhindern suchten. Der politischen Situation Deutschlands vor dem Mauerfall am 9.11.1989 entsprechend trennte die Stadt Belgrad das Bollwerk symbolisch in zwei Sektoren. Mit der Fertigstellung des Schutzwalls wurde die Grenze geschlossen, Grenzpolizisten sicherten die Staatsgrenze und informierten über die neue politische Situation Serbiens. Über die Stadt verteilt entstanden von Bürgern der Stadt erbaute weitere Grenzwälle, die von anderen Bürgern wieder abgebaut wurden. An der Mauer kam es zu Demonstrationen der lokalen ANTIFA-Bewegung, zu nationalistischen Versammlungen, Treffen der Kriegsveteranen und Demonstrationen für einen Wiederaufbau der DDR. In den Medien wurde ein Diskurs über weiterhin präsente „Mauern in den Köpfen“ der Bevölkerung im Schmelztiegel des Balkans angestoßen. Die Belgrader Mauer fiel in der Nacht zum 10.11.2009 angeblich durch einen Schneesturm.

Tagebuch Der Fall der Belgrader Mauer
Grenztagebuch, 158 Seiten, mit Texten von Jutta Gehrig, Dr. Dorothee Bauerle-Willert und Frank Bölter

Frank-Bölter-Weg

Performance – Temporäre Installation
öffentlicher Stadtraum und Schlossplatz, Münster | 2012

 

 

Um 11:22 Uhr kam Frank Bölter auf Gleis 17 mit dem Regionalexpress aus Köln in Münster an. Er schulterte sein Schild, das fachgerecht an seiner Schilderstange hing und promenierte die Windhorststrasse hoch, kreuzte die Promenade, den Domplatz, die Frauenstraße, nur um am Schlossplatz einen Weg links vorm Schloss neu zu bezeichnen. Den Frank Bölter Weg.

Auf einem Video von Konrad Abeln festgehalten war Bölters Schilderweg in einem beiläufigen Monitor bei Foto Köster zwischen neuen Kameras präsentiert. Es zeigte die freundliche Beihilfe beim Schildergang durch die Punks, die man geläufig auf den Mauern vorm Lackmuseum antrifft, und die ihm das Schild für ein paar Schritte abnahmen. Und sichtbar werden dort die Passanten, die den Weg mitverfolgten und eben das hochselbstverständliche Geschehen einer künstlerischen Aneignung begleiteten.

Wem der öffentliche Raum gehört, wird hier unzweifelhaft geklärt – der Kunst im Allgemeinen und Bölter im Speziellen. Seinem eigenen Ruhm voraus eilt die Bezeichnung auf der münsterschen Kartografie. Dass es in Köln bereits einen Bölter Park gibt, soll nur anmerkende und anerkennende Erwähnung finden. Doch weit mehr als die selbstreferentielle Bedeutung der zeichenhaften Intervention in das vorliegende Straßenkataster wiegt das Gewicht, der selbstbeauftragten Handlung. Das sich selbst zugesprochene Recht auf offizielle Bezeichnung wird ent-demokratisiert und radikal individualisiert. Ein Konflikt mit der amtlichen Registratur ist augenfällig und wird von Bölter höflich in Kauf genommen.
Frank Bölter gelingt mit seinem Bölter-Weg ein humorvoller Kommentar auf die gerade durch Volksentscheid herbeigeführte Entscheidung zur Umbenennung des Hindenburgplatzes in den Schlossplatz. Er bezieht Stellung, ohne sich politisch zu kaprizieren und ohne das verbal anzuführen. Er stellt den formaljuristischen und demokratischen Weg der Bezeichnungsfindung in Abrede und mit seinem performativen Schildergang durch die Stadt erinnert seine Schulterlast en passant an den Weg Christi nach Golgatha ebenso wie es den aufmerksamen Beobachtern einen freundlichen Anreiz zum Nachdenken gibt.

Text: Ruppe Koselleck

 

LeORIGAMIpard 3 : peacemaker

Performance – Temporäre Installation
Julius-Leber-Kaserne, Berlin-Reinickendorf | 2011                                                                                       Militärhistorisches Museum der Bundeswehr, Dresden | 2012

 

 

Im Februar 2011 erhielten Unicef, ProAsyl, der deutsche Flüchtlingsrat, The Voice, Karawane und andere öffentliche Flüchtlingsorganisationen eine Einladung zur Teilnahme an einem Kunstprojekt, um auf die immer dringlicher werdende Lage von Flüchtlingen jenseits der üblichen politischen Diskussionsfelder durch die Kunst aufmerksam zu machen.
Im Dezember 2010 erhielt der Kommandeur 1. PzDiv. der Bundeswehr in Hannover einen Brief mit der Frage nach dem Interesse einer Kollaboration zwischen Kunst und Militär zur Herstellung des lebensgroßen Faltpanzers „LEOrigamiPARD 3“ im fernöstlichen Kunsthandwerk Origami.

Anfrage-1.Panzerdivision-Hannover

Im Januar 2011 erklärte sich das Bundesministerium der Verteidigung nach einer Einladung zur Projektvorstellung im Bendlerblock in Berlin bereit, das Projekt zu unterstützen und erließ im Anschluss einen Befehl zur Durchführung der Faltübung mit Soldaten der Bundeswehr.

BefehlBundesministeriumDerVerteidigung

Zunächst wurde nach Möglichkeiten gesucht, das Projekt möglichst öffentlichkeitswirksam durch eine Faltübung von Soldaten vor dem Reichstag zu inszenieren, nachdem in den Medien über eine bevorstehende Leopard 2-Lieferung nach Saudi-Arabien berichtet wurde, verlagerte man den Origami-workshop der Soldaten in die Julius-Leber-Kaserne nach Berlin-Reinickendorf, wo unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Faltungen durchgeführt wurden. Am 9. Juli 2012 wird der LEOrigamiPARD III durch Soldaten der Bundeswehr vor dem Militärhistorischen Museum aufgestellt, wo er im Rahmen der Museumsnacht Dresden am 14. Juli der Öffentlichkeit präsentiert und übergeben wird. Während „LEOrigamiPARd 3“ Teil der Sammlung des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden wird, wird der von Kriesgsflüchtlingen aus Somalia, Afghanistan und Irak in der alten Desinfectionsanstalt in Berlin-Kreuzberg gefaltete lebensgroße Papierpanzer „Peacemaker“ nach Beschwerden der Nachbarn von der Berliner Stadtreinigung entsorgt.

 

 

Tagebuch LEOrigamiPARD3-Peacemaker
Tagebuch, 138 Seiten, mit Texten von Frank Pergande für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, Britta Senn und Denis Bury für „Das Magazin“ und Frank Bölter

AcropoLinz

Performance – Temporäre Installation
Festival der Regionen, Linz – Kulturhauptstadt Europas | 2009

 

‚AkropoLinz‘ kopiert, die Bevölkerung des Linzer Stadtteils Auwiesen involvierend, den Bau der Akropolis von Athen als Meisterwerk der griechischen Antike aus Pappe samt der intellektuellen und kulturellen Entfaltungswirkung des fundamentalen europäischen Kulturerbes auf die Bevölkerung des in Verruf geratenen Linzer Stadtteils Auwiesen. Gemäß dem historischen Vorbild wird durch das gemeinschaftliche Errichten der monumentalen Skulptur einerseits versucht, an andere Stadtteile verlorenes städtebauliches wie gesamtkulturelles Terrain durch die Form eines identitätsstiftenden Weltkulturerbes zurückzugewinnen. Linz – Kulturhauptstadt Europas 2009 ist Ausgangspunkt für den Bau der ‚AkropoLinz’ im Rahmen des partizipatorischen Kunst“- Festivals der Regionen 2009, zu dem das Denkmal der Kultivierung und Kolonialisierung Europas mit Hilfe der Bevölkerung geschaffen wird. Demgegenüber steht das beinah widerstandslose Ausliefern des städtebaulichen wie historischen Monuments samt seiner Entstehung und Bedeutung durch die Wahl des fragilen Baumaterials Pappe. So wird die ‚AkropoLinz’ nach seiner Fertigstellung im Erscheinungsbild der beengten 80er Jahre Reihenhaussiedlung von Anwiesen der Öffentlichkeit übergeben und äußeren Einflüssen wie Verwitterung, Vandalismus etc. ausgesetzt. Exemplarisch steht dem kollektiven Kraftakt des Erschaffens einer Riesenskulptur und des kopierten Denkmals die Verwitterung und Ruinierung im Zeitraffer gegenüber.

 

Bautagebuch
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05. Mai 2009: Vorbereitungen
Verlegen eines Festzeltparkettbodens als Fundament für die ‚Akropo-
Linz‘. Aufstellen eines Bauschildes auf der Baustelle. Bauplatz: Indianerpark an der Bowlinghalle.

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07. Mai 2009: Der erste Tag
‚Linz 2009 – Kulturhauptstadt Europas‘, baut sein temporäres Weltkulturerbe.
Idee und Entwicklung: Frank Bölter und die Bürger von Auwiesen, Linz
Realisation: Bürger von Auwiesen, Linz
Ort: Tornado Bowlinghalle, Karl-Steiger-Straße
Arbeitsbeginn: 7. Mai, 9 Uhr
Richtfest: 21. Mai, 16:00 Uhr

Mit dem Arbeitsbeginn am Papierbauwerk ‚AkropoLinz‘ an der Karl-Steiger-Straße wird nebenan eine weitere Baustelle eröffnet: ein Basketball- und Fußballplatz inklusive Bandengitterelementen aus Stahl. Auf Nachfrage erklären die dort beschäftigten Bauarbeiter, dass die Vorgängervariante aus Holz selbstverständlich angezündet worden ist.

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08. Mai 2009: Baustelle ‚AkropoLinz‘ eröffnet
Anliefern der ersten Pappkartons auf der Baustelle an der Karl-Steiger-Straße. Gegen 10 Uhr, unmittelbar nachdem die ersten Steine gefaltet worden sind, erscheinen die ersten Auwiesener Kinder und fragen, ob sie mithelfen könnten.
Sie werden eingeladen, beim Bau der ‚AkropoLinz‘ mitzuwirken. Nach kurzer Einführung in das Pappsteinfalten und der Frage: „Wos is e Akropolis?“, gehen sie engagiert zu werke. „Des is ja Leiwand!“ meint Luigi zu seinen ersten gefalteten Pappsteinen.
Es kommen immer mehr Kinder zwischen 7 und 11 Jahren zum Bauplatz und unterweisen sich gegenseitig im Falten der Pappelemente. Dominic, Amel und Mero erweisen sich als besonders geschickt im Umgang mit der Pappe und den anderen Kindern und werden zu Vorarbeitern ernannt. Einige Passanten behaupten, das man ein Pappgebäude im Stadtteil Auwiesen besser nicht errichten sollte, da es sowieso angezündet werden würde. Wahrscheinlich noch heute nacht. Gegen 16.30 Uhr setzt sich ein Mann mit Cowboyhut und Sohn an den Rand der Baustelle und ruft den Mitarbeitern Unverständliches zu. Mit zunehmendem Alkoholgenuss wird seine Sprache für die Zuhörer verständlicher: „Ride on, ride on!“ schallt es aus ihm heraus in Richtung Bauhelferteam. „Keep on watchin‘!“ wird von einem der jungen Bauhelfer auf den Zurufer reagiert. Kurz darauf verschwinden die beiden, um mit einigen Dosen Bier wieder auf dem Baugelände zu erscheinen. Sie werden gebeten, den Tempel zu betreten, Eintrittsgelder wären die soeben erstandenen Naturalien. Wir stoßen an. Eine Unterhalten über die Brennbarkeit von Pappe schließt sich an, immer wieder beendet von einem betrunkenen „Es wird brennen! Brennen wird des! (I woiß es genau.)

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09. Mai 2009: Playground AkropoLinz
Es ist sehr warm heute. Die Baustelle scheint unversehrt. Morgens werden gestanzte Pappsteine auf die Baustelle transportiert. Gegen 10.30 Uhr erscheinen Erhart und Daniel auf der Baustelle: „Geht‘s jetzt weiter?“, wird voller Tatendrang gefragt. Um 11:05 Uhr betreten die gestern zu Vorarbeitern beförderten Mero, Amel und Dominic die Baustelle und entschuldigen sich für das späte Erscheinen, gefolgt von weiteren 5 Kindern, die auch zu Vorarbeitern ernannt werden möchten und umgehend beginnen, Steine zu falten. Sedat, einer der fünf stellt sich und die anderen als tschetschenische Kinder aus dem Haus gegenüber der Straße vor, „Wir wohnen hinter der Akropolis!“ Gegen 15.30 Uhr kommen Ratman und seine Gang auf die Akropolis. Sie nutzen die herumliegenden und soeben von anderen Kindern gefalteten Säulensteine, um damit aufeinander einzuschlagen. Als hätten wir sie gerufen, erreichen plötzlich zwei Polizisten das Akropolisflachplateau. Da die Außenwände bereits relativ hoch aufgemauert sind, können sie jedoch kaum Zeuge des griechischen Dramas auf der ‚AkropoLinz‘ geworden sein. Als jemand ruft: „Fuck, Polizei!“ sind alle ganz schnell verschwunden. Zurück bleiben versehrte Pappsäulenreste. Die Polizei wird auf der Baustelle begrüßt und zeigt sich dem Projekt sehr zugetan: „Was für ein großartiges Projekt, so etwas brauchen wir genau hier in Auwiesen!“ behauptet der männliche Beamte gegenüber seiner Kollegin. Ein Passant, der der Unterhaltung unscheinbar lauscht, gibt später zu Bedenken, dass am Vortag der Rektor der Linzer Kunstuniversität beim Versuch, während einer Demonstration einer der Polizeigewalt gerade zum Opfer fallenden Studentin zu helfen, verhaftet worden sei. „Die müssen jetzt gute Stimmung machen!“. ergänzt er. „Heute Nacht wird‘s bestimmt brennen!“ ruft ein Mann im Vorübergehen einigen Bauhelfern zu.

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10. Mai 2009: Der Ansturm
Vormittag: Es bricht erneut ein sonniger, heißer Tag an. Auf der Baustelle ist alles ruhig. Warten auf Mitarbeiter. Gedanken keimen auf, ob die Auwiesener ihre Akropolis überhaupt wollen. Bisher ist es ein Auwiesener Kinderbauwerk, kein Stadtteilbauwerk. Nach dem gestrigen Stimmungstief tut eine Erholungspause gut.
Nachmittag: Nach einigen Versuchen, ein praktikableres Verhüllen der Pappbaustelle bei Regen zu ermöglichen, geben Georg Mitteregger und Johann Waldegger auf. Wir bleiben bei der bisherigen Variante des einfachen Folien-über-alle-Mauern-Werfens.
Gegen 16 Uhr kommt plötzlich ein Schaar 14-16jähriger Jugendlicher, die alle mithelfen und in Windeseile 150 Steine falten und den hinteren Tempelbereich aufmauern. Es handelt sich um eine Gruppe regionaler Breakdancer, die sich zum Richtfest einen Auftritt vorstellen kann. Gegen 18.00 Uhr ist der Ansturm vorbei. Wir decken ab.

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11. Mai 2009: Ice & HipHop in der Akropolis
Erneut sehr warm. Vormittags ist wenig los auf der Baustelle. Gegen 15 Uhr kommen ca. 20 Jugendliche in Begleitung dreier junger Erwachsener. Sie stellen sich als Teilnehmer bzw. Veranstalter eines HipHop-workshops vor. Sie erkundigen sich nach dem Bauprojekt und einer möglichen Kooperation und der Perspektive auf der ‚AkropoLinz‘ zu performen. Eine der Teilnehmerinnen erkundigt sich mit einem Eis in der Hand nach dem Sinn der ‚AkropoLinz‘: „Und was macht‘s, wenn‘s regnet?“ Auf die Antwort: „Nichts!“ reagiert sie fragend: „Aber warum macht man dann so etwas überhaupt, wenn es beim ersten großen Unwetter schon wieder zerfällt?“ Die Bemerkung, dass von der Akropolis in Athen schließlich auch nicht viel mehr übrig sei, als man in Linz bereits gebaut hätte, wird mit: „Das ist ja wohl was ganz anderes!“ quittiert. Auf die Frage, was denn von ihrem Eis noch übrig wäre, nachdem sie es aufgegessen hätte, antwortet sie: „Nichts!“. Auf die Bemerkung, dass man vermuten dürfe, dass sie sich sicherlich noch an das Vergnügen beim Eis essen erinnern könne, und dass es sich mit dem Bau der Linzer Akropolis genauso verhielte, kontert sie, sie sei sehr vergesslich.
Um 18:00 Uhr kommt der LA-Crime-Gangnachwuchs auf die Baustelle. Anführer Batman wirft die soeben erstellte Pappsäule um. Seine Lakaien folgen ihm, sodass in wenigen Minuten das Tagwerk dem Erdboden gleich gemacht ist. Auf die Frage: „Warum eigentlich?“ antwortet ein Kleingangster: „Weiß i ah nit.“ Auf den Kommentar, dass wir das total super fänden, was sie hier machten, und uns für ihren Beitrag zum Projekt bedanken, schaut er etwas verunsichert. Inzwischen sind alle Säulen zerstört und die Zerstörungslust scheint abgeklungen. „Morgen kommen wir wieder!“ schallt eine Drohgebärde in Richtung Bauhelfergruppe. „Es gibt do nix mehr zum duan!“ schallt es zurück.
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12. Mai 2009: Moses & Frau Schmidt
10:20 Uhr Es regnet. Frau Schmidt kommt mit ihrem Hund Moses zum Bauplatz. „Darf ich Ihnen einen Rat geben? Sie müssen die Akropolis einmal richtig nass regnen lassen, dann brennt sie nicht mehr so gut!“ Der Einwand, dass darunter die Stabilität des Bauwerks leiden würde, wird kommentiert: „Jaja, immer diese Stabilität, aber es gibt ja immer 10% der Jugendlichen, die irgendetwas anzünden, und die anderen 90% kommen bestimmt nicht zum Löschen her!“. Moses bellt. Es regnet weiter. Wo bleiben eigentlich die Eltern? Tag für Tag betreten die Kinder den Akropolisspielplatz, manche jeden Tag. Bis auf die Großeltern von Polier Erhart haben sich noch keine erwachsenen Verwandten sehen lassen. Wieder und wieder wird man mit der Frage konfrontiert, was man machte, wenn‘s regnet? Die Antwort: „Pause“, ruft meist Unverständnis hervor. Herr Kürtl bemerkt schlau, dass man in Athen einen klimatisch günstigeren Standort für die Akropolis und damit für das Fundament unserer Kultur gewählt hätte. In Athen eine Akropolis zu bauen, sei allerdings genau deshalb keine Kunst, korrigiert er sich im nächsten Augenblick selbst. „Und aus Stein, wie langweilig!“ wirft Sascha, 11 Jahre, hinterher.
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13. Mai 2009: Wer soll das denn anstecken?
Abendlicher Besuch einer Gruppe Jugendlicher, ca. 17 Jahre alt. „Wer seids denn Ihr?“ wird offensiv das Gespräch eröffnet. Mit „Und was macht’s, wenn’s brennen duat?“ und „Was soll des überhaupt?“ wird das Projekt weiter interessiert untersucht. „Aber im ernst, wenn’s brennt, was mocht’s do?“ wird weiter auf die Beantwortung der scheinbar brisanten Frage bestanden. „Wer soll das denn anstecken? Wir kennen doch mittlerweile jeden Jugendlichen hier. Die haben doch alle schon geholfen, die Akropolis zu bauen.“, geben wir zurück. „Naa!“, erwidert Stephan, „Nit die Jugendlichen, die Erwochsenen stecken’s ohh.“ Nachdem die Akropolis plötzlich von einer Gruppe rauchender Männern bei Mondlicht betreten wird, verlassen die Jugendlichen schnell das Gelände.

13.15 Uhr Frau Magerts nähert sich mit ihrem Hund und zwei Enkeln der Baustelle und verbietet am Zaun stehend den Kindern das Herumlaufen auf der Akropolis. „Das ist a Baustelle! Da dürfens nit sahh. Kommt’s her, sofort!“ ermahnt Fau Magerts.
Wir kommen ins Gespräch über Sinn und noch mehr Unsinn des Projekts. Es wird ausgiebig über Brennbarkeit des Materials und die Gefährdung der Jugendlichen und Kinder beim Spiel mit dem Feuer diskutiert. Sie gibt sich erstaunt über den hohen Anteil an hilfsbereiten ‚Ausländern‘ auf der Akropolisbaustelle und berichtet ausgedehnt über die Verhältnisse zwischen Einheimischen und ‚Ausländern’ im Allgemeinen und in Auwiesen im Speziellen. „I konn Ihnen sogn. I bin a oalde Auwies’nerin und bin do geboren. Was sich hier ols verändert hat. Da war einem früher wohler in Auwiesen. Heit wirst nur no beschimpft von die Kinder, vor Allem von die Ausländischen!“, behauptet Sie. Andererseits, so Frau Magerts weiter: „I hob Bosnische Nachbarn. Oslo, die Lait, a Traum!, kann I Ihnen song. Besser als manche Österreicher!“
14.03 Uhr Die Klasse 1e der Hauptschule Kleinmünchen erscheint geschlossen auf dem Bauplatz Nach kurzer Einführung beginnen alle, Pappsteine zu falten. Vom Klassenleiter Herrn Egger werden Achmat und Sedat zum Mauern auf das Gerüst geschickt. Sehr schnell sind im hinteren Tempelbereich des Pantheons zwei Steinreihen an Höhe gewonnen. Sie arbeiten schnell und präzise.
15:37 Uhr Es schließt sich die Klasse 3a von Frau Mittelböck an und übernimmt die Baustelle. Die älteren Schüler benötigen keine Einführung, wenden sich sofort dem fragilen Material zu und falten Pappsteine. Wenige andere Bauhelfer werden von der Baustelle verdrängt. Nach etwa 1,5 Stunden ist das Mauerwerk um einiges in die Höhe gewachsen. in der Höhe geht die Arbeit auf Kosten von Präzision und Stabilität. Bisher ist niemand von den Behörden zur Kontrolle auf der Baustelle erschienen. Am Bauzaun werden Wetten abgeschlossen, wie lange das schiefe Mauerwerk Wind und Wetter trotzen wird.
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17. Mai 2009 Säulenhalle
Es wird begonnen, Säulensteine zu falten und zu verkleben. Es geht schneller als erwartet. Als Herr Egger mit einer Kolonne der Klasse 4d der Hauptschule Kleinmünchen erscheint, sind sehr schnell 20 Säulen errichtet und mit dem Dachgebälk des Akropolisportals verbunden. Um 20.30 Uhr bricht ein Hagelsturm über Linz herein. Erfreulicherweise haben wir rechtzeitig die Folien über das Mauerwerk gezogen. Allerdings sind die gerade aufgestellten Säulen gegenüber dem Originalmodell in Athen noch sehr fragil. Der Sturm hält die ganze Nacht über an. Bisher gab es jede Nacht heftige Regenschauer.
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18. Mai 2009 Portal zerstört
Die rechte Hälfte des Säulenportals ist vom Hagelsturm zerstört, nur Bruchteile der ehemaligen Säulen sind wieder zu verwenden. Die linke Hälfte hängt durch die Dachverschränkungen schief nach rechts und senkt sich immer weiter ab. Es scheint nur eine Frage der Zeit, wann auch sie zusammenbricht. Jedoch wird, als wäre nichts passiert, im hinteren Teil der ‚AkropoLinz‘ munter weiter gebaut. Der vordere Teil wird abgedeckt gelassen bis zum nächsten sonnigen Tag und dann komplett erneuert, so die Vorgabe der Baumeister Mero und Sedat.
Es fehlt wieder Holz. Außerdem ist erneut Werkzeug verschwunden.
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19. Mai 2009 Richtfest vor der Tür
Das Wetter scheint stabil. Die linke Hälfte des Säulenportals der Akropolis kann durch den stabilen Neubau der rechten Hälfte mit vereinten Kräften wieder an seine alte Position geschoben werden und steht durch den Zusammenhalt der Dachelemente wieder senkrecht. Es scheinen permanent genügend freiwillige Bauhelfer anwesend zu sein, um die Akropolis bis auf das Dach fertig zu stellen. Es haben sich noch immer keine freiwilligen Erwachsenen oder ältere Jugendliche gemeldet, die wir auf den Rollgerüsten arbeiten lassen können, gemäß den arbeitsschutzrechtlichen Auflagen der Baubehörde der Stadt Linz. Man erzählt sich, die Jugendlichen hätten unweit der Akropolis ein Baumhaus errichtet aus Materialien, aus denen die AkropoLinz gebaut werden sollte – angeblich der erste von Kindern und Jugendlichen selbst und eigenhändig errichtete Spielplatz und Aufenthaltsort im gesamten Stadtraum von Linz. Gegen Abend fehlt Folie zum Abdecken der Akropolis. Diese muss nun unabgedeckt die Nacht überdauern.
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20. Mai 2009 Giebelportal
Es sind immer noch genügend engagiert wirkende Bauhelfer damit beschäftigt, weitere Säulen zu bauen, um die Dachkonstruktion darauf zu setzen. Pavel, Mero und Luigi kümmern sich um das Giebelportal. Einige andere am Festival der Regionen 2009 beteiligten Künstler erklären sich bereit, an der ‚AkropoLinz‘ mit zu bauen. Am Ende des Tages sind der separat gebaute Giebel für das Akropolisportal und die Säulenhalle fertig gestellt.
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21. Mai 2009 Richtfest und Ruine
Am Vormittag wird der Giebel auf das Akropolissäulenportal gehoben. Anschließend wird das Baumhaus der Jugendlichen besichtigt. Es haben ausschließlich die Jugendlichen gebaut, die die anderen Kinder und Jugendlichen beim Bau der ‚AkropoLinz‘ gestört oder verschreckt haben. Wir erkennen das von der Akropolisbaustelle entwendete Material, das fehlende Werkzeug liegt im Baumhaus. Den Jugendlichen wird zum ersten selbst errichteten Baumhaus in Linz gratuliert, diese schauen nicht länger ertappt – sondern überrascht. Es wird im Namen der Stadt Linz zur Fortsetzung ähnlicher Bauvorhaben ermutigt und das Werkzeug hergeschenkt. Danach beginnen die Vorbereitungen für das Richtfest. Es wird ein privater MacDonald‘s eingerichtet, der selbstgemachte MacRopolis-Burger für die Kinder und jugendlichen Bauhelfer anbietet.
16:00 Uhr Richtfest: Nach typisch österreichischer Tradition wird am Giebel der richtfesttauglichen Akropolis ein Baum angebracht: „Auf das dieses Gebäude den nächsten Sturm überstehe!“ lautet der Richtspruch. Anschließend wird das Gebäude zur Besichtigung freigegeben.
22:12 Uhr Gewitter: Die letzten Richtfestgäste sind noch nicht verschwunden, als aus heiterem Himmel ein Gewitter mit Sturmböen von 110 Km/h über der ‚AkropoLinz‘ hereinbricht. Es grollt, blitzt und donnert, Sturmböen erfassen die am Boden befestigten Schutzfolien und reißen sie mit der Akropolis wie ein Segel in die Höhe, die Säulenhalle wird zusammengedrückt, der Giebel stürzt vom Säulenportal, die vom Orkan überraschten letzten Gäste bringen sich in Sicherheit. Die noch anwesenden Bauhelfer versuchen, zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Das Gewitter legt sich nach 3 Minuten, unmittelbar nachdem die letzte Säule des temporären Weltkulturerbes gefallen ist. Der Rest ist Regen.
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22. Mai 2009
Ruine

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25. Mai 2009
Abtragen der ‚AkropoLinz‘-ruine und Recycling der Pappe.